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diese Frage hier zu beantworten, würde zu weit führen. Es sei
nur bemerkt, daß naturgemäß, wenn diese Frage gestellt ist, der
Inhalt, die Qualität des geschaffenen Rechtes ungemein erheblich
wird.
Wir kommen nun, nachdem wir von der Auslegung des tech-
nisch und der Ergänzung des inhaltlich unvollkommenen Gesetzes
begriffliche Unterscheidungen gewonnen haben, zu der Frage:
Wann, bei welcher Gelegenheit treten die Tätigkeiten in Kraft,
die auf die technische und inhaltliche Vervollkommnung des be-
stehenden Rechtes gerichtet sind? Wenn wir hier davon aus-
gehen, daß diese Tätigkeit bisher durch die Rechtsprechung und
die Gesetzgebung ausgeübt wird, so sehen wir auch schon, daß es
rechtliche Streitigkeiten sind, die die technische Vervollkommnung
und inhaltliche Ergänzung des Rechtes hervorrufen. Denn auch
die Gesetzgebung schreitet zur authentischen Auslegung oder zur
Neuschöpfung in der Regel erst dann, wenn die Praxis das Be-
dürfnis festgestellt hat. Die Fälle, in denen die Wissenschaft die
Verbesserungsbedürftigkeit feststellt und die Gesetzgebung ihr folgt,
sind selten genug, um hier übergangen werden zu können. Es
sind also im wesentlichen Rechtsstreitigkeiten, welche den Anstoß
zur Auslegung oder Ergänzung des bestehenden Rechtes geben.
Wenn wir hier von den Rechtsstreitigkeiten absehen, die aus Mut-
willen, Bösartigkeit oder aber aus tatsächlichen Gründen entstehen,
so werden wir finden, daß die Prozesse, in denen wirklich um das
Recht, das heißt um Rechtsfragen gestritten wird, gewöhnlich
diejenigen Rechtsnormen zum Gegenstande haben, die wir oben als
technisch oder inhaltlich verfehlt bezeichneten. Das liegt auf der
Hand. Wenn auch hie und da über technisch und inhaltlich voll-
kommene Rechtsnormen rechtlich gestritten wird, dann näm-
lich, wenn der Intellekt eines der Streitenden zu mangelhaft ist,
um das Gesetz oder seine Anwendung zu verstehen, so werden
es doch in der Mehrheit die — kurz gesagt — schlechten Rechts-
normen sein, um die rechtlich gestritten wird. Es hat dies fol-