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zuteilen. Er erläutert diesen Begriff dahin: eine Streitfrage ist
„nicht worüber sich streiten läßt (denn oft genug wird gerade
darüber gestritten, ob sich bei dem Wortlaut einer Gesetzesbestim-
mung über deren Inhalt und Tragweite streiten läßt), sondern
worüber tatsächlich gestritten wird. Was jeder als richtig er-
kennt, ist eben nicht streitig“ °. Nach dem oben Ausgeführten da-
gegen müßte der Rechtshof dort tätig werden, wo eine Rechts-
norm verbesserungsbedürftig ist, gleichgültig, ob darüber gestrit-
ten wird oder nicht. Der Gegensatz erscheint fundamental und
unüberbrückbar, ist es aber nicht so sehr. Man wird zunächst
einwenden: Wann ist ein Gesetz inhaltlich schlecht und fällt damit
ohne weiteres in die Zuständigkeit der neuen Einrichtung? Die
Ansichten hierüber gehen derart auseinander, daß nicht ein einzi-
ges Gesetz von der verbessernden Tätigkeit des Rechtshofes aus-
geschlossen sein würde.
Hier ist daran zu erinnern, daß inhaltlich schlecht ın dem
oben angegebenen Sinne ein Gesetz nicht dann ist, wenn es einen
Tatbestand „falsch“, d. h. unbillig regelt. Mit anderen Worten,
um ein Gesetz eines inhaltlichen Mangels wegen dem Rechtshofe
zu überweisen, genügt es nicht und ist es nicht erforderlich, daß
die Rechtsnorm absolut und für sich betrachtet, an irgend-
einem außerhalb ihrer vorhandenen festen
Maßstabe gemessen, für „falsch“ befunden wird. Dann
wäre allerdings kein Ende abzusehen. Es ist vielmehr ein Ge-
setz inhaltlich nur dann verbesserungsbedürftig, wenn es in der
Praxis versagt, d. h. wenn die Regelung sich inhaltlich als
zu eng oder zu weit herausstellt, wenn also Tatbestände von ihm
ergriffen werden, die nach seinem innersten Zwecke und der Ab-
sicht des Gesetzgebers ihm nicht unterworfen sein sollten und
umgekehrt. Es handelt sich um Mängel, die durchaus innerhalb
der bei der Regelung angenommenen Rechtsgrundgedanken ver-
® Responsa prudentium 8. 368!.
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