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bleiben, zu deren Erkenntnis daher keine Instanzen außerhalb
ihres eigentlichen Sinnes und Zweckes herangezogen zu werden
brauchen, um Gesetze, de gegen ihren eigenen Sinn
und Zweck verstoßen. Naturgemäß zeigen sich derartige
Mängel an Rechtsnormen erst einige Zeit, nachdem sie in
der Praxis angewendet worden sind, vorzugsweise aber dann, wenn
technische oder wirtschaftliche Umwälzungen neue Tatbestände
geschaffen haben. Gerade hierin unterscheidet sich das im hier
vertretenen Sinne inhaltlich unvollkommene Gesetz von
dem im landläufigen Sinne inhaltlich schleehten Gesetze:
während dieses gleich bei seiner Entstehung von den wirtschaft-
lich oder politisch Andersdenkenden angegriffen wird und von
deren Standpunkte aus den Stempel der „Vergewaltigung“, der
„Rückschrittlichkeit“, der „Klassengesetzgebung“ an der Stirn
trägt, zeigt sich die inhaltliche Unvollkommenheit einer Rechts-
norm in der Regel erst bei ihrer Anwendung, dann aber auch
nicht nur einzelnen wirtschaftlichen oder politischen Parteigrappie-
rungen sondern ziemlich allgemein '".
Wir unterscheiden daher dreierlei: einmal die teehnisch
unvollkommenen Gesetze, das sind diejenigen, denen es rein
sprachlich nicht gelungen ist, den Inhalt und Umfang der in
ihnen enthaltenen Rechtsnorm restlos wiederzugeben ; sodann die
inhaltlich unvollkomenen Gesetze, deren Inhalt und
Umfang vom Gesetzgeber im Hinblick auf ihre Bewährung in der
Praxis nicht eng oder weit genug bemessen worden sind und die
deshalb bei ihrer Anwendung im einzelnen Falle zu Härten, zu
Unbilligkeiten führen. Endlich aber sind noch zu nennen die in-
haltlieh schlechten Gesetze, die, wenn man hier einen siche-
ren Maßstab überhaupt annehmen will, von Anfang an ihrer gan-
zen Existenz nach dem Rechtszwecke zuwider sind, daher nicht
10 Der hier angenommene Unterschied deckt sich ungefähr mit der
Unterscheidung Rumprs zwischen den gemäß dem Willen und den wider
den Willen des Gesetzgebers schlechten Gesetzen (a. a. O. 8. 32).