Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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Nicht zutreffend wäre die Annahme, der Abgeordnete in 
seiner Eigenschaft als Amtsinhaber trete in ein Verhältnis zum 
Staate. Er hilft vielmehr mit, den Staat zu verkörpern, er stellt 
mit seinen Kollegen ein wichtiges Organ des Staates selbst dar'?, 
er ist Mitausübender, Mitinhaber der Staatsgewalt. 
2. 
Nicht nur die Wahl der Abgeordneten, sondern jede öffent- 
liche Wahl oder Ernennung scheint mir ein öffentlichrechtlicher 
Auftrag zu sein’®. 
Es fragt sich allerdings auch hier in erster Linie, ob die 
Wahlbehörde als Staatsorgan ein Rechtssubjekt sei, das einen 
Auftrag zu erteilen vermöge. Es wird von mehreren Schrift- 
stellern bestritten, daß die Staatsorgane eigene Rechte besitzen, 
Persönlichkeiten seien. Es ist hier nieht der Ort, die gegenteilige 
Auffassung zu begründen. Nur soviel sei bemerkt, daß es der 
natürlichen Auffassung entspricht, in den Organen selbständige'*, 
eigene Willensentschließungen kundgebende Subjekte und nicht 
bloß Werkzeuge des Staates zu erblicken !?. 
Wir finden bei den Wahlen staatlicher Funktionäre alle 
12 Sofern man wenigstens der wohl herrschenden Ansicht huldigt, daß 
das Parlament ein Staatsorgan sei. Vgl. über diese Frage neuestens KEL- 
SEN, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre S. 465 fl. 
18 Die Annahme eines privatrechtlichen Mandates beim Beamtenver- 
hältnisse wurde früher vielfach vertreten, vgl. REHM in den Annalen des 
Deutschen Reichs 1884 S, 583 ff. In der französischen Literatur ist die An- 
nahme eines Mandats sehr verbreitet; die Zitate bei DucuvıT a. a. O. I 
S. 477. Ueber die ganze Frage vgl. LABAnD, Staatsrecht des Deutschen 
Reichs I $ 45 und MEYER-AnscHÜTz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts 
S. 499. 
14 Allerdings ist zu betonen, daß das Organ in seiner Rechtssubjekti- 
vität nicht isoliert dasteht, sondern den einheitlichen Staat zum Ausdrucke 
bringt. Allein es erscheint als eine Ueberspannung dieses Gedankens, wenn 
man den. Organen jede Selbständigkeit abspricht. 
»5 Vgl. auch O. MAYER in der Festgabe für LABAnD 1] 8.57 und FLEI- 
NER, Institutionen des Verwaltungsrechts 2. Aufl. S. 88.
	        
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