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Schattierungen vom imperativen Mandate bis zur rein formellen
Ernennung. Spezielle Weisungen entgegenzunehmen haben na-
mentlich diplomatische Vertreter, Kanzler, Minister, Staatssekre-
täre usw. Hier besteht auch das Recht des jederzeitigen Wider-
rufes!®. Schon lockerer ist das Verhältnis bei den übrigen Funk-
tionären. Hier ist grundsätzlich der Inhalt und die Dauer des
Mandates durch Verfassung und Gesetz bestimmt. Je genauer
die Tätigkeit umschrieben ist, je mehr sie von der politischen
Anschauung losgelöst erscheint, desto schwächer werden die Be-
ziehungen zwischen Wähler und Gewähltem. Der jederzeitige
Widerruf fällt weg. Immerhin bleibt eine Verantwortlichkeit, die
das Einschreiten der Wahlbehörde veranlassen kann, bestehen.
Beim Gewählten zeigt sich die Mandatsnatur des Verhältnisses
darin, daß ein Rücktritt in der Regel jederzeit möglich ist!”.
Der Inhalt des Auftrages geht gemäß Verfassung und Gesetz
allgemein dahin, zum Wohle der Gesamtheit tätig zu sein. Es
liegt ein Auftrag im Interesse nicht speziell des Wählers, sondern
jedes einzelnen Bürgers vor, mandatum aliena gratia. Der Ge-
wählte trıtt so ın ein öffentlichrechtliches Dienstverhältnis, aber
nicht in ein Dienstvertragsverhältnis zu den Mitbürgern als Ge-
nossen des staatlichen Verbandes "®.
Der Komplex der Rechte und Pflichten des Gewählten ist,
soweit die Ausübung ein rechtliches Können bedeutet, Rechts-
wirkungen erzeugt, das Amt!?. Es ist in seiner Abstraktheit be-
reits vorhanden und nicht etwa von der Wahlbehörde geschaffen.
Der Gewählte tritt in das Amt ein und erwirbt die abstrakten
16 Vgl. $ 25 des Deutschen Reichsbeamtengesetzes.
17 LABAND a. a. O. I S. 542 bemerkt, daß dieser Grundsatz nicht nur
auf einer allgemeinen Rechtsüberzeugung, einem wirklichen gemeinen Ge-
wohnheitsrechte beruhe, sondern sich aus der Natur des Beamtenverhält-
nisses ergebe. Soweit ein Amtszwang eingeführt ist, kann allerdings auch
die Rücktrittsmöglichkeit beschränkt sein.
18 Deshalb entsteht auch die natürliche Pflicht, die Tätigkeit des Funk-
tionärs aus den gemeinsamen Mitteln zu entschädigen.
1% Im Sinne von obrigkeitlichem Amte, LABAND a.a.0. 1 S. 365.