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stand, den der konstituierende Reichstag diesem Vorschlage ent-
gegensetzte, werden erklärlich, wenn man sich daran erinnert,
daß erst kurz zuvor der bekannte preußische Militärkonflikt be-
endet worden war, der die verfassungsmäßigen Grundlagen des
preußischen Staates jahrelang erschüttert hatte.
Der König von Preußen hatte es Ende der fünfziger Jahre
unternommen, seine Armee den Anforderungen der politischen
Lage gemäß zu verstärken und zu reorganisieren, und zwar, ohne
der Volksvertretung irgend eine Mitwirkung hierbei zu gönnen.
Das Abgeordnetenhaus wurde lediglich um Bewilligung der zur
Reorganisation erforderlichen Mittel angegangen, die auch zunächst
ım Jahre 1859 aus Anlaß der damaligen Mobilmachung zu dem
Zwecke „erhöhter Kriegsbereitschaft“ bewilligt wurden. Noch
zweimal gelang es der Regierung, die Bewilligung der für die
Reorganisation des Heeres erforderlichen Mittel durchzusetzen,
jedoch wiederum nur unter dem Titel außerordentlicher Ausgaben,
während sie die neugeschaffene Heeresorganisation bereits als
dauernde Einrichtung betrachtete und angesichts der politischen
Lage nicht daran dachte, in absehbarer Zeit eine Verminderung
des Heeres vorzunehmen. Das Parlament war der Auffassung,
daß eine dauernde Aenderung der Heeresorganisation nur auf
Grund eines Gesetzes vorgenommen werden dürfe, während
der König die Formation und Organisation des Heeres als ein
ausschließliches Recht der Exekutive betrachtete, dem lediglich
das Ausgabebewilligungsrecht der Volksvertretung gegenüberstehe.
Diese Verschiedenheit des Rechtsstandpunktes, auf dessen ein-
gehende Darlegung hier verzichtet werden kann, führte im
Jahre 1862 zu der Streichung der von der Regierung geforderten
Mittel, soweit sie das Militärbudget von 1859 überstiegen. Das
Abgeordnetenhaus benützte somit als Waffe in dem Kampfe um
die Frage, wer über ‚die Heeresorganisation zu befinden habe, das
Ausgabebewilligungsrecht, das ihm Artikel 99 der preußischen
Verfassung gewährte Art. 99 lautet: „Alle Einnahmen und