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Ausgaben des Staates müssen für jedes Jahr im voraus veran-
schlagt und auf den Staatshaushalt gebracht werden. Letzterer
wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt.“ Das Herrenhaus
nahm den Etat in der Fassung der Regierungsvorlage an. Das
Jahr 1862 ging zu Ende, ohne daß eine Einigung der beiden
Kammern über den Etat erfolgt wäre. Das Heer bestand jedoch
in der bisherigen Stärke weiter; denn der König war dank der
Bestimmung in Art. 109, der die Staatseinnahmen unabhängig
von der jährlichen Bewilligung fortbestehen ließ, tatsächlich in
der Lage, die Aufwendungen für das Heer auch ohne Etat be-
streiten zu können.
Mit dieser Sachlage war jedoch der Konflikt gegeben — der
König regierte ohne Etat. Vier Jahre lang dauerte dieser Zu-
stand, als endlich der Krieg mit Oesterreich und sein siegreicher
Ausgang die Wege zu einer Verständigung ebnete. Das Abge-
ordnetenhaus bewilligte im Jahre 1866 nachträglich der Regierung
die in der Konfliktszeit gemachten Ausgaben, deren Zweckmäßig-
keit der Krieg erwiesen hatte, während die Regierung durch Ein-
bringung des Indemnitätsgesetzes das Ausgabebewilligungsrecht
ddes Parlaments anerkannte.
Damit war für die Vergangenheit der Konflikt gelöst, —
für die Zukunft bestanden sämtliche Bedingungen eines neuen
Konfliktes weiter. Die Frage, wer zur Feststellung der Heeres-
organisation, insbesondere der Friedenspräsenzstärke gesetzlich
berufen sei, der König allein oder unter Mitwirkung der beiden
Kammern, war im Verlaufe des Konfliktes zurückgetreten hinter
der andern umfassenderen Frage, ob die zweite Kammer das Aus-
gabebewilligungsrecht in dem von ihr verstandenen Sinne besitze.
Sie war damit aber nicht gelöst, sondern mußte notwendig zu
einem abermaligen Konflikt führen, vielleicht schon bei der nächsten
Etatsberatung, jedenfalls aber, sobald an der jetzt bestehenden
Heeresorganisation neue Veränderungen vorgenommen wurden.
Gelegenheit zu einer Klärung bot sieh jedoch schon früher.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXX. 1J2. 4