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schen Staatskirchenrecht und der bayerischen Verwaltungspraxis
stets angewendeten Grundsatze, daß die in Bayern bestehenden
Glaubensgesellschaften zwar darüber uneingeschränkt Bestimmun-
gen treffen können, unter welchen Voraussetzungen
siejemand alsihr Mitglied annehmen wollen oder
eine Person aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, daß sie
aber niemand als ihr Mitglied beanspruchen dürfen, der es nicht
auch nach staatlichem Rechte ist; SEYDEL Ill 497.
Nach bayerischem Staatskirchenrecht wird die Glaubensange-
hörigkeit einer Person während ihrer Minderjährigkeit durch den
Willen der Erziehungsberechtigten ($$ 12—23 der 2. Beilage zur
Bayer. Verfassungsurkunde (= RE.)) bestimmt, während nach
erreichter Volljährigkeit jederman durch eigene freie Willensent-
sehließung seine Konfession wählen kann.
So steht gemäß 3 5 und 6 RE. jedem Staatseinwohner
Bayerns, weleher die gesetzliche Volljährigkeit d. ı. das 21. Le-
bensjahr, erreicht hat, die Entscheidung darüber frei, ob er über-
haupt einer Glaubensgesellschaft und welcher (öffentlichen oder
privaten) er angehören will. Das staatliche Verfassungs-
gesetz bestimmt also, daß jede normale volljährige Person ohne
Unterschied des Geschlechts aus einer G@laubensgesellschaft aus-
scheiden kann, ohne durch das Recht der verlasse-
nen Glaubensgesellschaft daran gehindert
werden zu dürfen.$S5 RE. — Es ist nach staatlichem
Rechte nicht notwendig, daß sich mit dem Ausscheiden aus einer
Glaubensgemeinschaft der Uebertritt zu einer anderen Konfessions-
gemeinschaft verbindet. Möglich erweist sich vielmehr auch der
einfache Austritt ohne jeglichen Uebertritt.
2. Der bayerische Staat stellt in gesetzlicher Form die Vor-
aussetzungen auf, unter denen eine freie Glaubenswahl in
der-eben geschilderten Weise zugelassen und staatlich für gültig
erachtet wird; $$ 5—11 RE. Zwar sind daneben auch die etwa
vorhandenen kirchlichen Normen zu beachten, allein das Ueber»