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knappen Würdigung der Werke vom Haag und von London (S. 2—4), be-
spricht der Verfasser, wie er selbst hervorhebt, als Angehöriger eines zur
Beratung der Seerechtsdeklaration nicht hinzugezogenen Staates, in dem
einleitenden Kapitel die Gründe, die zur Berufung der Londoner Konferenz
geführt haben und deren äußeren Verlauf. Das zweite Kapitel (S. 18 ff.)
ist in kommentarartiger Darstellung den dort erzielten Ergebnissen gewid.-
met. Als besonders wertvoll möchte ich hier die Abschnitte über Kriegs-
konterbande (S. 28—47), über Flaggenwechsel (peraßoin onpeia) (S. 56—60),
über den Begriff des feindlichen Charakters (rep! tüv xpırnplwv Tod roAepLöv
yapaxınpos) (S. 60—71) hervorheben. In seinem Schlußwort (S. 78—86)
spricht Streit die Hoffnung auf baldige Annahme der Deklaration durch die
die Signatäre und den Beitritt in London nicht hinzugezogenen Staaten aus,
wobei er freilich die Befürchtung einer Verzögerung der Ratifikation wegen
der von den Vereinigten Staaten von Amerika geltend gemachten konstitu-
tionellen Bedenken nicht zu unterdrücken vermag. Sind diese auch, wie be-
kannt, durch das Zusatzabkommen vom September 1910 beseitigt, so hat doch
bis auf den heutigen Tag kein europäischer Staat die Deklaration ratifiziert.
Zwar hat sie im türkisch-italienischen Krieg ihre Anerkennung rebus ipsis et
factis gefunden — beide Teile haben sich ausdrücklich auf sie berufen;
und in dem Vertrag, der die Entscheidung des Haager Schiedsgericht im
Karthago- und im Manoubafall statuiert, haben Frankreich und Italien aus-
drücklich die Londoner Deklaration als Rechtsgrundlage benannt — eine
feierliche Bindung aber in Gestalt der Ratifikation ist an der Hartnäckig-
keit des englischen Oberhauses gescheitert.
Es bietet darum ein ganz besonderes Interesse, über Wert und Unwert
der Deklaration auch das Buch eines Engländers zu lesen, zumal wenn man
weiß, daß dieser, wie es bei THoMas BATy der Fall ist, von rein objektiven
Gesichtspunkten geleitet, sich auch nicht scheut, seinen Landsleuten, ins-
besondere der Regierung, gelegentlich unangenehme Wahrheiten zu sagen.
Das tut er nun auch in seinem neuen Buch —, indem er sich mit aller
Schärfe gegen die Ratifikation der Londoner Deklaration ausspricht.
Ich habe keine Bestimmung des meiner Ansicht nach — trotz unzweifel-
haft vorhandener Mängel — hochbedeutsamen Kodifikationswerkes zu ent-
sich darin, daß sie für moderne Begriffe, z. B. des heutigen Staats- und
Rechtslebens, die wir nicht selten fremden Nationen entlehnt haben, treffende
Ausdrücke, sei es durch Umdeutung bereits vorhandener alter Bezeichnungen,
sei es durch dem klassischen Sprachgeist angepaßte Neubildungen zu schaf-
fen imstande sind“. Er zitiert als Beispiele &roxderonög (Blockade), Andpep-
röpıov (Kriegskonterbande), oddetepörng (Neutralität), vauııny) ovvördoxedarg
(Seerechtskonferenz), idayeveia« (Nationalität). Ihnen möchte ich noch hin-
zufügen xwörxoroinsıs (Kodifikation), dtedvng (international), Zowrepxöv
(Staatsrecht), 8/,Awoıg (Deklaration).