— 604 —
der Entschädigungsanspruch wird unter die öffentlichrechtlichen Ansprüche
eingereiht. Sodann gelangt der Autor zu seinem eigentlichen Thema. Er
wirft zuerst die Frage auf, ob Expropriationsverträge möglich und ob sie
nützlich seien (S. 34 ff.). Nachdem beides bejaht worden ist, wird ausführ-
lich erörtert, ob die Verträge dem Öffentlichen oder dem privaten Recht
zuzuweisen seien und die zweite Alternative akzepiiert (S. 36 ff.). Es wer-
den nun die wichtigsten denkbaren Arten von Expropriationsverträgen im
einzelnen besprochen (S. 48 ff... Weiter untersucht der Verfasser, wie sich
das preußische, bayrische, württembergische, badische und sächsische Recht
‘“ gegenüber diesen Verträgen verhalte (S. 56 ff... Darauf gelangen die Wir-
kungen der Verträge auf das eingeleitete Verfahren (S. 69 ff.), die Erfüllung
der Verträge (S. 76 ff.), deren Vollstreckungswirkung (S. 87 ff.), deren Un-
wirksamkeit (S. 89 ff.), der Rücktritt des Unternehmers im Falle eines Ver-
trags (S. 92, 93), das Rückerwerbs- und Vorkaufsrecht des Expropriaten
und Verträge hierüber (S. 93 ff.), endlich Verträge über die Ausdehnung
der Enteignung (S. 98 fi.) zur Darstellung. Ein Anhang stellt das Expro-
priationsrecht des Reiches dar (S. 105 ff.) und ist hauptsächlich der Frage
gewidmet, wie der Art. 41 der Reichsverfassung durchzuführen wäre. falls
er verwirklicht werden sollte (S. 106, 107). Der Wunsch, die Enteignung
reichsgesetzlich zu regeln, wird nicht gebilligt. Denn das Reich habe von
vornherein nur einen beschränkten Wirkungskreis beansprucht, für welchen
der Weg der Spezialgesetzgebung ausreiche (S. 108).
FISCHERSs Arbeit ist eine fleißige und klare Studie über ein schwieriges
und sehr interessantes Gebiet des deutschen Enteignungsrechtes. Der Ver-
fasser sucht nicht nur den Stand der wichtigsten Gesetzgebungen und der
wichtigsten Literatur dem Leser vorzuführen, sondern er nimmt auch selbst
zu jedem der berührten Probleme Stellung. Grundlegend für diese Stellung-
nahme in einer Reihe von Fragen ist bei dem Verfasser ganz im Sinne
der herrschenden Lehre die Ansicht darüber, ob die in Rede stehenden
Rechtssätze dem öffentlichen oder dem privaten Rechte zuzuteilen seien.
Nach meiner Ueberzeugung gibt es einen strikten Gegensatz zwischen dem
öffentlichen und dem privaten Recht im Sinne der herrschenden Lehre über-
haupt nicht. Diese Auffassung eingehend zu begründen, würde hier zu
weit führen; übrigens habe ich ihr an einer anderen Stelle dieses vor-
liegenden Bandes, in dem Aufsatz „Eine Theorie vom natürlichen Recht“
einige kurze Bemerkungen gewidmet. Verwirft man nun das Dogma von der
Teilung des Rechtes in zwei getrennte Teile, so gelangt man vielfach zu
anderen Anschauungen als FISCHER. Wer hingegen die Prämissen des
Autors teilt, wird in vielem mit ihm übereinstimmen können. Allen ohne
Unterschied aber bietet die Schrift eine übersichtliche Zusammenstellung
und dankenswerte Anregungen.
Laun.