— 605 —
Kurt v. Rohrscheidt, Geh. Regierungsrat, Gewerbeordnung für das
Deutsche Reich, in ihrer neuesten Fassung; für den Gebrauch
in Preußen erläutert; 2. Auflage, 2 Bände (1051, 1167 Seiten), Ber-
lin, Franz Vahlen 1912.
Dem größten deutschen Staate, dessen Gesetzgebung die Grundlage
für die Gewerbeordnung des Reiches geboten hat, fehlte Jahrzehnte hin-
durch eine eindringende Erläuterung, seiner normativen Ausgestaltung des
Gewerberechts angepaßt, die den Bearbeitungen, wie sie süddeutsche Staaten
gefunden hatten, ebenbürtig hätte zur Seite treten können. Erst der Kom-
mientar von V. ROHRSCHEIDT hat im Jahre 1901 diesen Mangel ausgeglichen.
Gegenüber jener ersten Auflage ist die jetzt vorliegende zweite auf
das doppelte des Umfanges angewachsen — eine leidige Notwendigkeit bei
dem Anschwellen der gesetzlichen Einschachtelungen, unter denen die
Uebersicht längst in die Brüche gegangen ist; doch auch ein beredtes
Zeichen der unausgesetzten Weiterarbeit des Verfassers. An der Anlage
des Werkes ist nichts wesentliches geändert. Den Erläuterungen des Ge-
setzes folgen die Ausführungs- und Ergänzungsbestimmungen des Reichs
und Preußens in einem Anhange als „Anlagen“, die ungefähr die Hälfte des
ganzen Werkes füllen. Die Erläuterungen bauen sich nach einem bestimm-
ten Schema auf. Zunächst pflegt das wichtigste aus den Materialien mög-
lichst wortgetreu mitgeteilt zu werden, um das Verständnis für das Geltende
aus der Entwicklung herauswachsen zu lassen, was bei der Vielheit der
Umbildungen der Gewerbeordnung auch von der Theorie mit Dank zu
begrüßen ist. Die Erläuterungen selbst schließen sich einzelnen Worten
des Gesetzes an. Das ist ja eine Art der Kommentierung, die heute für
die Regel als überholt wird angesehen werden müssen. Aber, gerade die
Durchführung jener älteren Form des Kommentierens in v. ROHRSCHEIDTS
Werke mag uns zeigen, daß für jedes Gesetz doch nur dessen eigenes Be-
dürfnis die rechte Form des Kommentierens vorschreibt. Für die Gewerbe-
ordnung gebe ich — nach zahlreichen Proben der Benutzung des Kommen-
tars — der von ROHRSCHEIDT gewählten Anlage den Vorzug. Hiermit
mache ich mir jedoch nicht allüberall die Durchführung bei v. ROHRSCHEIDT
zu eigen. Erläuterungen, wie sie z. B. in $ 119b für „Hausgewerbtrei-
bende“ zu finden sind; oder wie sie zu $ 120 Z. 12 („Fortbildungsschule‘“)
sich ohne weitere Scheidung über 9 eng bedruckte Seiten ziehen, sind für
die Folge dringend zu widerraten. Das sind natürlich Formalien, die aber
bei einem Kommentar von solchem Umfange mit solch innerem Werte
nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Andererseits gewährt gerade der $ 120
mit seiner Erörterung über das Fortbildungsschulwesen ein passendes Bei-
spiel für eine Beherrschung des Stofflichen, wie sie von keinem anderen
Kommentar überboten wird. Die unerreichte Stärke des Werkes ruht in
der Heranziehung eines fast erdrückenden Auslegungsmaterials aus der nicht
immer leicht zugänglichen Rechtsprechung. Die Literatur hingegen wird