§*292 (Nr. —8). 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 5. Titel. 235
eine die Liquidation berbeiführende Auflösung in Frage kommt. Folgt man dieser
Meinung, so hat der alleinige Aktionär alle Funktionen der Generalversammlung
auszuüben (Kammerger. in Entsch. F. G. VII S. 42 = Johow-Ring XXXI A u64),
was ihn aber nicht davon befreien würde, eine Generalversammlung abzuhalten (a. A.
Kammerger. a. a. O.). Ist er alleiniges Vorstandsmitglied, so hat er zugleich die Ver-
tretung. Würde er in Vertretung der Aktiengesellschaft handeln, z. B. einen
Anstellungsvertrag schließen, so wäre nicht er pechönlich verpflichtet, also z. B. für
die Gehaltsklage nicht passiv legitimiert (R.G. im Recht 1911 Nr. 1644). Will er
in der Liquidation Grundstücke der Gesellschaft erwerben, so bedarf es der Auf-
lassung und Eintragung (K.G. in O. L.G. Rspr. XIX, 338).
J) Ausspruch staatlicher Behörden. Das H.G.B. läßt die auf dem öffentlichen
Rechte beruhende Aufsicht bes Staates über Vereine unberührt. Die Auflösung der
Aktiengesellschaft kann sich aus der Ausdehnung dieser Befugnis ergeben. Nament-
lich wird die Aktiengesellschaft, wie jeder rechtsfähige Verein, vom B. G. B. 8 43
Abs. 1 betroffen — der trotz der Fassung des § 74 Abs. 3 ebd. dem öffentlichen
Vereinsrecht angehört —, wonach dem Vereine die Rechtsfähigkeit entzogen werden
kann, wenn er durch einen gesetzwidrigen Beschluß der Mitgliederversammlung oder
durch gesetzwidriges Verhalten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet. (Ver-
fahren: B.G.B. 5 44 Abs. 1 und für Preußen Kgl. Verordn. vom 16. Nov. 1899,
G.S. S. 562, Art. 2). Auch bei Entziehung der Rechtsfähigkeit tritt der Verein
regelmäßig in Liquidation, ist also die Aktiengesellschaft als aufgelöst im Sinne
des H.G.B. anzusehen (B.G. B. 5 45 Abs. 1 u. 3, § 47). Es ist danach überflüssig,
daß für Preußen das Ausf.Ges. zum H. G. B. Art. 4 die Zwangsauflösung eines
Aktienvereins wegen rechtswidriger Handlungen oder Unterlassungen, durch welche
das Gemeinwohl gefährdet wird, besonders zuläßt, und der gedachte Art. 4 kann
nur nach Maßgabe des B. G. B. §5 43 Abs. 1 ausgelegt werden. (Dazu Simon
in Z3. XLIX S. 15 ff., Staub-Pinner Anm. 16, auch Gierke im Arch. f. B. R.
XIX S. 132. Anders Makower IIII2, der eine Verschiedenheit von B. G. B.
§5 43 Abs. 1 und Preuß A.G. z. H. G. B. Art. 4 annimmt, weil die erstere Norm nur
über die Entziehung der Rechtsfähigkeit bei Aufrechterhaltung des Vereins als
nicht rechtsfähigen bestimme, die letztere Norm aber über die Auflösung der Aktien-
gesellschaft mit demnächstiger Erledigung der Gesellschaft verfüge; vgl. aber für
en normalen Fall, in welchem das Vermögen bei Entziehung der Rechtsfähigkeit
an die Mitglieder gelangt, Makower selbst in Anm. If zu §5 292. Wegen des
früheren Rechtes Ring, A.G. S. 657f.). Die Vorschriften im G.G.B. § 43 Absl. 2
und 3 sind wegen des untrennbaren Zufammenhangs mit B. G. B. ös§ 21, 61 für
Aktiengesellschaften unanwendbar (Simon, Staub- Pinner a. a. O., anders
Gierke, a. a. O.). Als Auflösungsgrund kann ferner noch die Entziehung einer
für die Existenz der Gesellschaft gesetzlich erforderlichen obrigkeitlichen Genehmigung
in Betracht kommen (so für geistliche Gesellschaften nach Landesrecht, O. L. G. Jena
in Entsch. F.G. X, 181), nicht schon die Entziehung der Befugnis zum Gewerbe-
betriebe, vgl. O. L.G. Stuttgart in Z. XIL S. 477, Makower Anm. If/. Staub-
Pinner Anm. 16 2c.. (Vgl. jedoch Versicherungsaufsichtsgesetz § 67.)
d) Eine Klage von Aktionären auf Auflösung der Gesellschaft findet nicht
statt. Insbesondere gibt die Unmöglichkeit der Erreichung des in dem Gesellschafts-
vertrage bestimmten Zweckes dem Einzelaktionär keinen Anspruch auf Auflösung,
da er die Abänderung des Gegenstandes des Unternehmens durch Mehrheitsbeschluß
der nergalpersammlung hinnehmen muß, also kein Recht auf Bewahrung dieses
Gegenstandes hat. Der erste Entwurf zum G. von 1884 Art. 242 a wollte aller-
dings Aktionären mit ½ Grundkapital eine Auflösungsklage wegen Unmöglichkeit
der Erreichung des Gesellschaftszwecks oder wegen anderer wichtiger Gründe nach
Ablehnung der Auflösung durch die Generalversammlung geben. Doch beseitigte
der zweite Entwurf diesen Vorschlag mit Rücksicht auf die Gefahr eines Mißbrauchs
und auf die freie Veräußerlichkeit der Aktie (Begr. 1884 S. 240). Dem Aktionär
ist folgerichtig auch nicht die Befugnis zuzusprechen, der Klage auf rückständige
Einlagen entgegenzusetzen, daß solche wegen Fortfalls des Gegenstandes des Unter-
nehmens nur zum Zwecke der Liquidation gefordert werden dürften. (Vgl. für das
ältere Recht Preuß. Ob. Tr. XLVI S. 120ff., anders R.G. in Seuffert XXXVII
S. 82ff.) Dazu Ring A.G. S. 658f. — Kündigung oder Tod eines Aktionärs kann
statutarischer Auflösungsgrund sein (dazu R.G. bei Holdheim 1904 S. 1306)
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