Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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HOVENS lediglich eine Vorstufe dafür sein, daß die internationale Polizei- 
macht einmal als Erzwingerin des Rechts auf allen Gebieten tätig wird. 
VOLLENHOVEN will schrittweise vorgehen und ist deshalb zunächst zufrieden, 
wenn die Polizeimacht die internationalen Schiedssprüche bewacht, später 
sollen ihr dann neue Aufgaben, und immer zahlreichere, zufallen. Dadurch 
soll schließlich der Weltfriede kommen. 
Es ist durchaus bemerkenswert, daß heute kein Staat einen Krieg be- 
ginnt, ohne ihn durch die Verteidigung irgend eines wirklichen oder ver- 
meintlichen Lebensinteresses zu rechtfertigen. In dieser Tatsache erblicke 
ich das Sympton eines gewaltigen Rechtsgedankens in der Staatengemein- 
schaft. Und die Bedeutung dieses Rechtsgedankens wird einem besonders 
klar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß alle die zahllosen Verträge, die 
nicht das Gebiet der hohen Politik berühren, die Vereinbarungen über das 
Postwesen, Handelswesen, das internationale Recht, den internationalen 
Verkehr usw. von den Staaten strikt inne gehalten werden. Niemals aber, 
wo in der neueren Zeit Streitigkeiten über die Auslegung oder die Erfül- 
lung dieser Verträge unter den Staaten entstanden, handelte eine Macht 
mala fide, sondern immer waren Undeutlichkeiten in der Redigierung des 
Vertrages oder sonstige Probleme streitig, die auf dem normalen Wege 
entschieden wurden. 
Es lebt und webt daher bereits heute in der Staatengemeinschaft ein 
gewaltiger Rechtsgedanke, der immer weiter entwickelt werden muß. Die 
wirtschaftliche und kulturelle Abhängigkeit der Staaten ist heute so groß, 
daß alle diejenigen Fragen, die nicht Lebensfragen sind, friedlich erledigt 
werden, weil sich die Staaten ausschließlich auf den Boden des Rechts 
stellen. 
Man will nun eine Polizeimacht schaffen, damit auch die Lebensfragen 
der Staaten nicht mehr nach dem souveränen Ermessen der einzelnen Re- 
gierungen erledigt werden. Demgegenüber ist aber darauf hinzuweisen, 
daß über Lebensinteressen jeder Staat sein eigener Richter bleiben muß. 
Er kann und soll diese Fragen in diplomatischen Verhandlungen friedlich 
lösen; nimmermehr aber darf er die Erledigung einem anderen anver- 
trauen. Eine‘ internationale Polizeimacht über Lebensfragen der Völker 
ist heute aus denselben Gründen unmöglich wie die bedingungslose obli- 
gatorische Schiedsgerichtsbarkeit. 
Darüber, was das Lebensinteresse der Staaten erfordert, herrscht heute 
noch die denkbar größte Meinungsverschiedenheit. Es läßt sich an Hand 
zahlreicher Beispiele nachweisen, daß jedesmal, wenn ein besonders schwerer 
Konflikt auftaucht, dieser nach der einen Ansicht die Lebensinteressen be- 
rührt, nach der anderen dagegen nicht. Nun nehmen wir an, ein solcher 
Streit wird von einem Schiedsgericht entschieden. Ist es da nicht bei der 
Verwirrung über den Begriff der Lebensinteressen sehr wohl denkbar, daß 
das Schiedsgericht eine Entscheidung fällt, die das Lebensinteresse des
	        
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