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Der gesetzlichen Normierung der Friedenspräsenzstärke wird
also 1. finanzielle und 2. organisatorische Bedeu-
tung zugeschrieben. In letzterer Eigenschaft muß sie nach dieser
Theorie mit den Rechten des Kaisers kollidieren, der nach Art. 63
Abs. IV der Verfassung „den Präsenzstand, die Gliederung
und Einteilung der Kontingente des Reichsheeres usw. bestimmt“.
Der gesetzlichen Feststellung der Friedenspräsenzzahl wird dabei
der Vorrang vor den verfassungsmäßigen Organisationsrechten des
Kaisers gegeben. Der Kaiser soll also nur befugt sein, im Rah-
men der gesetzlichen Friedenspräsenzziffer den
tatsächlichen Bestand an Mannschaften zu bestimmen. Es soll
ıhm heute also z. B. überlassen sein, anzuordnen, daß in der
ersten Hälfte des Jahres die Armee 500 000 Mann, in der zweiten
Hälfte dagegen 700000 Mann stark sein solle, wenn die gesetz-
liche Durchschnittsziffer 600000 beträgt. Weiter schreibt ihm
diese Theorie aber das Recht zu, die Armee auch ım Jahresdurch-
schnitt unter der gesetzlichen Ziffer zu halten, gemäß ihrer
Bedeutung als Maximalziffer. Vertreter dieser Theorie sind:
LABAND ’, PREUSS®, v. SAVIGNY’, v. KIRCHENHEIM !®, GÜMBEL !!,
HÄNEL!?, BROCKHAUS !?, ARNDT !%, MEYER-AnSCHÜTZ ’®, REINCKE"®,
LÖNING!?, v. JAGEMANN®,
Ueber die finanzielle Bedeutung der Friedenspräsenz-
stärke herrscht wohl Einigkeit in der Literatur. Es entspricht
den allgemeinen Grundsätzen des Budgetrechts nach der heute herr-
schenden Lehre, daß die gesetzgebenden Faktoren verpflichtet sind,
der Feststellung des Etats die auf Gesetz beruhenden Einrich-
tungen des Staats zugrunde zu legen, und daß es eine Pflicht-
verletzung bedeuten würde, wenn der Reichstag sich weigerte,
" IV. S. 82, 87. 8.90. 8. 234, 244,
!0 Lehrbuch S. 351 ung bei STENGEL S. 461. ns. 171.
2 S. 502. 18 8. 38 ff.
1# Kommentar $. 341 fg. und Staatsrecht 8. 511.
15 9. 730 ff. ı 3, 283. ı 8, 55. 8 8, 186.