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verpflegung, Bekleidung, Ausrüstung, Pferdebeschaffung usw. ein
Vetorecht zugestehen.
Zu allem Ueberfluß ist der Satz, daß bei der Feststellung
des Militär-Ausgabe-Etats die auf Grundlage der Verfassung ge-
setzlich festgestellte Organisation zugrunde gelegt werden muß,
in Art. 62 Abs. IV ausgesprochen worden. Wie SEYDEL?®! richtig
bemerkt, „gibt dieser Abs. IV nur einen staatsrechtlich s elbst-
verständlichen Satz des Budgetrechtes auch für den Fall
des Artikels 62 (d. h. für die Feststellung des Militärbudgets)
wieder, weil das, was in der Tat staatsrechtlich selbstverständlich
ist, für viele Politiker des Reichstages damals nieht selbstver-
ständlich war.“
Weniger Einmütigkeit herrscht hinsichtlich der organisa-
torischen Bedeutung des Friedenspräsenzgesetzes. Die große
Mehrzahl der Schriftsteller sieht in der gesetzlichen Präsenzziffer
den Rahmen oder die Schranke, innerhalb deren der Kaiser
sein Organisationsrecht nach Art. 63 Abs. IV frei betätigen könne.
Ueber diese Ziffer hinaus dürfe er den Mannschaftsbestand durch-
schnittlich nicht erhöhen; dagegen stehe es ihm frei, ihn beliebig
unter jenem gesetzlichen Durchschnitt zu halten. Eine hin-
reichende Begründung insbesondere zu der letzteren Behauptung,
daß der Kaiser das Heer so niedrig halten dürfe, wie er wolle,
ist nirgendwo beigebracht. Lediglich BROCKHAUS ?? geht auf die
schon räumlich so naheliegende Frage ein, inwieweit das kaiser-
liche Organisationsrecht durch die: in Abs. III des Art. 63 ausge-
sprochene Pflicht, für die Vollzähligkeit aller Trup-
penteile zu sorgen, beschränkt sein könne, mit dem Ergebnis, daß
mangels der gesetzlichen Fixierung einer Minimalziffer das Heer
auch dann als vollzählig gelten müsse, wenn es hinter der ge-
setzlichen Maximalziffer zurückbleibe, sofern es nur in allen Teilen
kriegstüchtig sei. Dabei übersieht BROCKHAUS, daß die Sorge
21 Seite 345. Uebereinstimmend LABAnD IV. S. 491.
22 Seite 38 ff.