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bunden ist er schon genug durch die Pflicht, dem Reichstag
Rechnung zu legen und für Mehrausgaben Indemnität nachzusuchen.
Daß ein Rechtszustand der oben beschriebenen Art durchaus
möglich ist, beweist die rechtliche Stellung der Marine nach
der Verfassung Art. 59. „Dem Kaiser liegt die Organisation und
Zusammensetzung der Marine ob*, eine Befugnis, in deren Aus-
übung er nach allgemeinen Grundsätzen lediglich durch das Bud-
get beschränkt ist. Ob das Flottengesetz hieran etwas geändert
hat, ıst zunächst ebenso unerheblich wie die Einwirkung der
späteren Friedenspräsenzgesetze auf die Reichsverfassung.
Eine durchaus ähnliche Stellung, wie sie der Kaiser nach
der Ansicht des Verfassers zu dem Heer d. h. zu den Mann-
schaften hat, nimmt er heute anerkanntermaßen auch gegenüber
den Offizieren, Militärbeamten, Unteroffizieren
und Einjährig-Freiwilligen ein. Nach den jüngeren
Gesetzen über die Friedenspräsenzstärke sind alle diese Militär-
personen nicht in der gesetzlichen Ziffer enthalten; ihre Zahl
und Art wird vielmehr durch das Budget bestimmt, das den
Kaiser in seinem freien Ermessen bei der Bestimmung dieser
Stellen bindet, wie bei allen anderen Verwaltungen auch *°. Und
da die Einjährig-Freiwilligen im Budget nicht in die Erscheinung
treten, ıst der Kaiser in der Annahme solcher vollkommen un-
beschränkt *,
Hinsichtlich der Reserve- und Landwehrmann-
schaften gilt dasselbe wie für die Offiziere usw.: Sie sind in
der Friedenspräsenzziffer nicht enthalten. Der Kaiser ist in ihrer
Einberufung durch das Budget, das ihrer besonders gedenkt, be-
schränkt, aber eben nur budgetrechtlich; Ueberschreitungen des
Budgets sind aber nicht von vornherein Rechts- oder Verfassungs-
verletzungen.
C. Der eben entwickelten Theorie könnte mit einem Anschein
“0 Vergleiche LABann IV Seite 80.
#1 Vergleiche LABAnD IV Seite 82.