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ihre Annahme abgelehnt noch auch eine Adresse über die
von den Ständen geteilte Auffassung ihrer Bedeutung an den
Hof abgegangen ist. Gerade darum ist aber diese Bedeutung
selbst nur nach dem Inhalt der Proklamation zu beur-
teilen, der über ihre Zwecke und Ziele keinen Zweifel aufkommen
läßt, Was aber die Selbstbeschwichtigung der Majorität anbe-
langt, so wird siedurch den die ganze Entwicklung
der Zentralisation beherrschenden Gegensatz
erklärt, der für die ständisch-monarchische
Epoche zwischen den Angelegenheiten, welche
sich klar und ausgesprochen auf die Rechte des
Landes beziehen, das Land unmittelbar angehen, und den An-
gelegenheiten der monarchischen Reservate, den cau-
saesummi Principis, besteht, die unmittelbar nur den
Herrscher, das Land aber nurmittelbar angehen, wenn
er für die Mittel und Kosten ihrer Ausübung
das Landin Anspruch nimmt?!?”. Ganz im Geiste dieser
staatsrechtlichen Auffassung scheidet z. B. der grundgesetzliche
Erbvergleich der Stände der beiden Mecklenburg vom 18. April
1755 zwischen Gesetzen, welche die Privilegien der Stände
betreffen und Steuerbewilligungen einerseits und Gesetzen, welche
die ganze Landschaft aber keine Ständerechte berühren, den
sogenannten gleichgültigen Gesetzen.
III. Es erweist sich darum ganz unmöglich, auch nur
den schwächsten Beweis dafür vorzubringen, und auch Apponyi
hat ihn nicht einmal versucht, daß die Stände jemals gegen die
Verwendung der neuen Titulatur für diemonarchischen
120 AppoNYI bezeichnet Separatabdruck 8. 21 diese Erklärung als einen
haltlosen Einfall. Sie wurzelt aber in dem bereits in den GA. 8: 1559
und 38: 1569 niedergelegten Gegensatz, der uns allein den Schlüssel für
das staatsrechtliche Verständnis des Zentralisationsprozesses bietet. TEZNER,
Oestereichische Rundschau 9. Bd. S. 354f. Auch DEAK in seiner Rede vom
28. März 1867 spricht von einem nur indirekten Einfluß der Stände
auf die unter dem Kaisertitel geübten Prärogativen.
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