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besondere auch sich im Bereich der Verwaltung bewegen. Oester-
reich soll sein Urheberrecht in bestimmtem Sinn gestalten, Frank-
reich Strafdrohungen gegen Mädchenhandel besitzen, die Türkei
ist verpflichtet, Maßregeln gegen Cholera und Pest zu treffen, Ita-
lien, die gewerbliche Nachtarbeit der Frauen verbieten — und
überall ıst es Deutschland, dem ein Recht darauf zusteht, daß die
vereinbarten Bestimmungen ausgeführt werden. Muß es nicht
auch für diese Erweiterungen und Beschränkungen der Staatsgewalt
eine Stelle geben, an der sie zusammenfassende Darstellung finden ?
Eine Stelle im deutschen Recht, da uns doch von Belang ist,
daß gerade Deutschland aus dem Vertrag berechtigt oder auch
verpflichtet ist?
JELLINEK'® sieht in diesen Abmachungen eine Ergänzung des
Staatsrechts und bezeichnet die Gesamtheit der speziellen Rechte und
Pflichten eines Staates gegen andere als dessen „äußeres Staatsrecht“.
Und in der Tat, sowenig das Staatsrecht es unterlassen kann, die
Ausdehnung der heimischen Staatsgewalt auf jene früher genannten
Außengebiete zu begründen, so wenig wird es daran vorbeigehen
können, daß auch durch Verträge eine Erweiterung der Staats-
macht geschaffen wird. Aber dem Staatsrecht kann nur dieses
formale Moment der Erweiterung oder auch Einengung der Staats-
gewalt angehören. Die konkreten Inhalte der Bindungen, die uns
allein interessieren, haben mit der Lehre von der Staatsgewalt
nichts gemein. Was für Verträge, würde in gleicher Weise auch
für die Sätze des allgemeinen Völkerrechts gelten: auch sie geben
dem aus dem Rechtssatz Berechtigten Macht über das Verhalten
eines anderen Staates. Auch hier mag das Staatsrecht von der
Machtverschiebung, die aus dem Rechtssatz folgt, Kenntnis
nehmen. Aber inhaltlich können die Rechtsverhältnisse, die aus
dem allgemeinen Völkerrecht folgen, sowenig wie die vertragsmäßig
begründeten Rechtsverhältnisse in der Lehre von der Staatsgewalt
eines einzelnen Staates ihre Entwicklung finden. —
‘ System der subjektiven öffentlichen Rechte ? 322.