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die deutschen Gerichte der Staatsanwaltschaft den für den Aus-
lieferungsantrag erforderlichen Haftbefehl verweigern werden, wenn
es sich — wie bei der weitgehenden Arbeitsteilung der Mädchen-
händler leicht der Fall sein kann — um einen bloßen Werbe- und
Reiseagenten handelt. In demselben Umfange aber, in welchem
das Deutsche Reich einen Auslieferungsantrag nicht stellen kann,
entfällt auch seine Verpflichtung, Auslieferungen zu gewähren.
Denn wollte es sie trotzdem bewilligen, so würde das einen Ver-
zicht auf die grundsätzlich hochgehaltene Gegenseitigkeit voraus-
setzen, der nicht beansprucht werden kann. Damitistaber
die beabsichtigte beiderseitige Auslieferungs-
pflichtinsoweiteinstweilenillusorisch.
11.
Das Ausführungsgesetz hat keinen Einfluß auf das Auslie-
ferungsverfahren. Das Uebereinkommen selbst hatte im Ar-
tikel 6 verschiedene Wege für die Uebermittlung der Auslieferungs-
ersuchen wegen Mädchenhandels für zulässig erklärt und auch
über die Form der Ersuchen Anordnungen getroffen. Die deut-
schen Unterhändler haben aber das Uebereinkommen ausdrücklich
„sous reserve de l’article 6* gezeichnet. Das Ausführungsgesetz
schweigt deshalb über diesen Punkt, so daß die bei dem Auslie-
ferungsverfahren beteiligten Behörden auch beim Mädchenhandel
den in den einzelnen Verträgen vorgeschriebenen Weg für die
Anbringung und die sonst gebotene Form der Ersuchen beob-
achten müssen. Die Bedeutung des neuen Gesetzes als eines Aus-
lieferungsgesetzes ist nach alledem eine sehr beschränkte. Trotz-
dem aber bezeichnet es einen Fortschritt auf dem Wege zu einem
umfassenden, wirklichen deutschen Auslieferungsgesetz, das sich
mehr und mehr als unentbehrlich erweisen wird.
de droit penal international vol. 6 p. 313—836, 764-778. Siehe ebendort
p. 583 fg.