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vernachlässigende Größen betrachtete und die auch imengeren Ungarn
kraft der Wahlorganisation gar nicht zum Worte gelangten, dem
Ausgleich als einem auf ihre Demütigung berechneten Oktroi
widerstrebten ®®, ist menschlich ebenso begreiflich als ihre Be-
strebungen, ausdemStatusder NationenminderenRechts
herauszukommen. Die bedeutsamste Richtung dieser Bestrebungen
wird durch das sogenannte trialistische Programm gekennzeichnet,
welches auf die Bildung eines dritten Staates nach Art der Reichs-
ratsländer und Ungarns aus den Südslawen beider Staaten, den
Kroaten und Serben Kroatiens, Dalmatiens, den beiden annektier-
ten Provinzen und den Slovenen Oesterreichs gerichtet ist.
II. Bei den magyarischen Politikern macht sich eine gewisse
Nervosität gegenüber diesen Bestrebungen geltend. Sie ist aber
nicht gerechtfertigt, sofern sich hinter ihr nicht die Besorgnis vor
der Bildung eines selbständigen d. i. von der Monarchie ab ge-
trennten südslawischen Staates verbirgt, an deren Vereite-
lung aber die Reichsratsländer ebenso interessiert sind, wie die
magyarische Nation. Wasaber das Verfassungsprojektdes dritten süd-
slawischen Staates der Monarchie betrifft, so ist seine tech-
nische Unmöglichkeit durch die mit dem Dualismus gemachten
Erfahrungen vollkommen klargelegt. Denn schon die letzten
Tage haben die Frage nahegerückt, ob die physische Kraft
eines einzigen Menschen ausreicht, den Weg zur ver-
fassungsmäßigen Lösung eines hartnäckigen Konfliktes
zweier Parlamente zu finden und einzuhalten. Auch ist
die Homogenität der in dem stidslawischen Staat zu vereinigen-
den Nationen in ethnischer, sprachlicher und in konfessioneller
Hinsicht nicht stark genug, um dessen Gedeihen zu sichern. Vor-
läufig bildet die Abneigung gegen die magyarische Herrschaft
das einigende Band, das aber nicht vorhielte, wenn es zur
Auseinandersetzung zwisehen den drei Nationen und Konfessionen
innerhalb des neu zu bildenden Staates kommen sollte. Er-
”2? A.a.0. 8.532 letzter Abs. S. 571 Abs. 2.