Object: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

154 1870. Verträge. 
dem deutschen Verfassungsbündniß werden die Eurer Majestät übertragenen 
Präsidialrechte über alle deutschen Staaten sich erstrecken. Ich habe Mich zu 
deren Vereinigung in Einer Hand in der Ueberzeugimg bereit erflärt, daß 
dadurch den Gesammtinteressen des deutschen Vaterlandes und seiner verbün- 
deten Fürsten entsprochen werde, zugleich aber in dem Vertrauen, daß die 
dem Bundespräsidium nach der Verfassung zustebenden Rechte durch Wie- 
derherstellung eines deutschen Rciches und der deutschen Kaiserwürde (Bravol) 
als Rechte bezeichnet werden, welche Eure Masestät im Namen des gesamm- 
ten deutschen Vaterlandes auf Grund der Einigung seiner Fürsten ausüben. 
Ich habe Mich daher an die deutschen Fürsten mit dem Vorschlage gewendet, 
gemeinschaftlich mit Mir bei Eurer Majestät in Anregung zu bringen, daß 
die Ausübung der Präsidialrechte des Bundes mit Führung des Titels eines 
deutschen Kaisers verbunden werde. (Lebhaftes Brarol) Sobald Mir Eure 
Majestät und die verbündeten Fürsten ihre Willenemeinung kundgegeben 
haben, würde Ich Meine Regierung beauftragen, das Weitere zur Erzielung 
der entsprechenden Vereinbarungen einzuleiten.“ Ich kann thatsächlich hin- 
zufügen, daß die in Versailles anwesenden deutschen Souveräne Seiner Ma- 
jestät dem Könige von Preußen und Seiner Majestät dem Könige von Baiern 
ihre Zustimmung zu diesem Vorschlage ausgesprochen haben. Die Erklärungen 
der übrigen Soureräne und der drei freien Städte sind zu erwarten. 
Windthorst (Aschendorf-Hümmling k. [Hannorer])°): Meine Herren! 
Ich glaube, daß dasjenige, was uns eben eröffnet worden ist, durchaus nicht 
Gegenstand einer Heiterkeit sein kamn. Ich bin der Meinung, es ist von 
schwerwiegender Bedentung, und meinestheils begrüße ich die Eröffnungen. 
(Hört! Hört! Brarol!) Ich wirde sie lebhafter noch begrüßen, wenn wir 
mit der Verfassung fertig wären, — — (Hörtl) wenn das Werk, wovon 
dies die Krönung sein soll, bereitk seine festen Unterlagen hätte. (HörtI) 
Die hat es heute nicht, und das ist der einzige Tropfen Wermuth, der in 
dieser Eröffnung für mich liegt. Meine Herren, wir find also noch an der 
Begründung des Werkes, dessen Krönung wir vorab genommen, und cs kann, 
so schwer es in einem solchen welthistorischen Momente ist, ein ernster Mann 
die Erwägung nicht unterdrücken, die er vor diesem Moment hatte, und ich 
werde deshalb mit aller Ruhe und mit aller Kühle alles das vortragen, was 
ich vor der gehörten Eröffnung vorzutragen gehabt hätte. (Sehr gutl) 
Meine Herren, ich habe durchaus nicht die Absicht, heute mein Votum defi- 
nitiv abzugeben, ich kann nur sagen, daß ich lieber Ja als Rein sagen werde. 
Ich muß mir aber erlauben, verschiedene Bedenken, die ich bei der Sache 
habe, vorzutragen, und boffe dann, daß vielleicht die Erörterung und die 
bessere Beleuchtung Anderer mir ein Licht aufsteckt, was mir augenblicklich 
noch fehlt. Es ist nicht leicht in diesem verwickelten und eigenthümlichen 
Terrassenban, der uns vorgelegt ist, sofort eine Orientirung zu finden; (Sehr 
*) St. B. S. 76 r. g. m.
	        
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