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teilt dem öffentlichen Rechte alle jene Fälle zu, in denen man
eine solche spezifische Stellung des Staates aus politischen
Gründen für zweckmäßig hält.
Im übrigen ist die Argumentation Otto Mayers völlig un-
vereinbar mit den Prinzipien des Positivismus. Daß der Staat,
wenn er tut, was auch ein Privater tun könnte, privatrechtlich,
d. h. so zu behandeln sei, daß die ihm zugerechneten Tatbe-
stände nur jene Rechtswirkungen haben, die ein Rechtssatz an
sie knüpft, daß der Staat aber in allen anderen Fällen öffentlich-
rechtlich, d. h. so zu behandeln sei, daß seine Akte alle jene
Rechtswirkungen haben, die in ihnen als vom Staate gewollt
einseitig erklärt werden — woher stammt dieser Grundsatz ?
Muß er nicht ein Rechtssatz sein, wenn es sich dabei nicht um
ein willkürlich erdachtes politisches Prinzip handeln soll? Auch
die einseitigen Akte des Polizeistaates waren rechtsverbindlich,
hatten alle Rechtswirkungen, die sie als vom Staate gewollt aus-
sprachen. Wie kann dieser Zustand als spezifisch öffentlich-
rechtlich bezeichnet werden, wo nach Otto Mayers Behauptung
für die Staatsgewalt im Polizeistaat kein öffentliches Recht
galt? Wodurch unterscheidet sich die Staatsgewalt im Rechts-
staat von der im Polizeistaat, wenn Staatsakte in beiden Fäl-
len ohne einen übergeordneten, vom einzelnen Akt verschie-
denen Rechtssatz die beabsichtigten Rechtswirkungen in
allen Fällen einseitig herbeiführen können? Wenn das Wesen
des Rechtsstaates zum Unterschied vom Polizeistaat nicht da-
rin besteht, daß die gesamte Staatsgewalt einer Rechtsordnung
unterstellt wird, so daß jeder Staatsakt seine rechtliche Recht-
fertigung aus einem logisch ihm vorausgehend gedachtenRechts-
satz abzuleiten hat, müßte da nicht auch für denRechtsstaat
gelten, was Otto Mayer vom Polizeistaat sagt: Das öffentliche
Recht bedeutet in euphemistischer Redeweise den Ausdruck
für das Gebiet, auf welchem es im Gegensatz zu dem des Zivil-