— 245 —
rechts für das Verhältnis zwischen Staat und Untertan kein
Recht gibt? Denn ein Verhältnis zwischen dem Staat als
Rechtsautorität und dem Untertan war auch im Po-
lizeistaat jede Beziehung zwischen Staat und Untertan; und
Recht gibt es im Verhältnis zwischen Staat und Untertan, oder
mit anderen Worten: ein Rechtsverhältnis ist die Beziehung
zwischen Staat und Untertan nur unter der Voraussetzung
einer über Staat und Untertan gleichermaßen stehenden Autori-
tät, einer Rechtsordnung, der Staat und Untertan gleicher-
maßen unterworfen, eines Rechtssatzes, durch den Staat und
Untertan gleichermaßen verpflichtet und berechtigt werden, so
daß der Staat als Rechtssubjekt, nicht als Rechts-
autorität dem Untertan entgegentritt! Wenn es das Wesen
des öffentlichen Rechtes ist, daß sich dabei der Staat in der
Lage befinde ‚in der Form eines einseitigen Aktes Rechte zu
begründen und Verbindlichkeiten aufzuerlegen‘‘ (wie G. Meyer,
von Otto Mayer zustimmend zitiert, sagt) , dann hat es auch
im Polizeistaat für den ganzen Umfang der Staatsgewalt und
nach allen ihren Richtungen hin ein öffentliches Recht ge-
geben. Und wenn die von Otto Mayer akzeptierte Formel
Zorns 8 richtig ist: ‚Auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes
wird der Staat seinen Untertanen gegenüber immer nur ge-
Setzlich (im weitesten Sinne des Wortes), d. i. übergeordnet
tätig“, dann ist schlechterdings jeder Unterschied zwischen
Polizeistaat und Rechtsstaat geschwunden, dann hat der Po-
lizeistaat im selben Sinne und im selben Umfange ein ‚„öffent-
liches Recht‘‘ wie der Rechtsstaat.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die spezifische
Gestaltung, welche die herrschende Staats- und Verwaltungs-
rechtstheorie dem ‚öffentlichen‘ Rechte im Gegensatz zum
Privatrechte zu geben bemüht ist, ein Steckenbleiben in den
® In Hirths Annalen 1876, S. 671. e8 Reichsstaatsrecht 8.105.