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diese reinen Machtbeziehungen des Staates zu den Untertanen
zusammenfaßt und den Rechtsverhältnissen gegenüberstellt, in
denen der Staat und die übrigen der Rechtsordnung unter-
worfenen Subjekte einander koordiniert sind. Sobald aber der
Staat in allen Beziehungen der gleichen einheitlichen Rechts-
ordnung unterstellt wird, wie alle übrigen Subjekte, sobald
alle Aeußerungen des Staates nur als Erfüllung von Rechts-
pflichten oder Geltendmachung von Berechtigungen erkannt
werden müssen, Pflichten und Rechte des Staates aber
ebenso wie Pflichten und Rechte aller übrigen Subjekte nur
durch die gemeinsame Rechtsordnung (d. h. dem Staat nur in
der Rechtsordnung) statuiert werden, ist jedes Ueber- und
Unterordnungsverhältnis zwischen dem Staat (in der Exeku-
tive) und dem Untertan geschwunden; in einem Ueberordnungs-
verhältnis zu den Rechtssubjekten steht einzig und allein die
Rechtsordnung. Nur wenn man irrtümlicherweise die verpflich-
tende und berechtigende Autorität der Rechtsordnung der
ihr unterworfenen Staatsperson zuschreibt, kann diese im
Verhältnis zu den Untertanen den Schein eines ‚„Mehrwertes‘
erlangen. Eine Unterscheidung zwischen öffentlichen und pri-
vaten Rechtsverhältnissen aus dem Titel irgendeines ‚Mehr-
wertes“‘ ist daher ausgeschlossen ®%.
6 Diese rechtslogische Konsequenz der Rechtsstaatsidee-
bleibt völlig unberührt von dem größeren oder geringeren Ausmaße,
in dem diese Idee rechtspolitisch realisiert ist. Ob die Staats-
gewalt, wenn sie nur überhaupt als der Rechtsord-
nung unterworfen gedacht werden muß, durch diese
Rechtsordnung mehr oder weniger determiniert ist, ob auf dem Ge-
biete der Verwaltung von der Rechtsordnung .ein größerer oder ge-
ringerer Spielraum freien Erınessens den Organen eingeräumt ist, ob die
Rechtsordnung mehr oder weniger Garantien dafür bietet, daß die Organe
sich auf die Erfüllung staatlicher Rechtspflicht, des in der Rechtsord-
nung ausgedrückten „Willens“ des Staates beschränken, ist für die
rechtslogische Grundstruktur der exekutiven Staatstätigkeit als Erfül-
lung staatlicher Rechtspflicht, als „Exekutive“ der Rechtsordnung