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bringt und hiedurch gleichzeitig die ungarische Staatsbürgerschaft
als einen selbständigen rechtlichen Status dem Auslande gegen-
über auftreten läßt.
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Wir müssen uns noch mit jener anderen Richtung der öster-
reichischen Rechtsanschauung befassen, welche die rechtliche
Möglichkeit des gleichzeitigen Besitzes der beiden Staats-
bürgerschaften, de Kompatibilität der österreichischen
Staatsbürgerschaft mit der ungarischen behauptet. Den Doku-
menten dieser Richtung begegnen wir besonders in der Praxis
der österreichischen Obergerichte, hauptsächlich in der Praxis des
Reichsgerichtes.
Die Erkenntnisse des Reichsgerichtes vom 14. Oktober 1884
2. 178% und vom 12. Januar 1891 Z. 25° enthalten diesbezüg-
Vertrag und die Fischereikonventionen sind Präzedenzfälle geworden für
die nicht mehr rückgängig zu machende Praxis, derzufolge Ungarn und
Oesterreich als Vertragsstaaten auftreten.“
“# ,HyrE: „Sammlung der Erkenntnisse des k. k. österreichischen Reichs-
gerichtes“. Wien, 1886. VII. Teil. S. 89 u. ff, Gegen die Entscheidung der
mährischen Statthalterei, mit welcher die Aufnahme der Fürstin Leopoldine
Pälffy-Kaunitz und des Markgrafen Alexander Pallavicini in die Wähler-
liste des ersten Wahlkörpers des Großgrundbesitzes in Mähren zum mähri-
schen Landtage, angeordnet wurde, ist vor dem Reichsgericht eine Be-
schwerde erhoben worden, unter dem Titel, daß den Genannten das Land-
tagswahlrecht nicht zustehe, da dieselben nicht Österreichische, sondern
ungarische Staatsangehörige sind, bezw. daß sie durch die Erwerbung der
ungarischen Staatsbürgerschaft ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft
verlustig wurden. Das Reichsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.
° Hye: Sammlung. 1894. IX. Teil. S.123 u ff. Ein pensionierter un-
garischer Gerichtsrat erhob gegen die Entscheidung des k. k. Landespräsi-
diums für Kärnten, mit welcher seine wegen Nichtaufnahme in die Wähler-
liste der Landtagswähler für den Kärnter Landtag eingebrachte Reklama-
tion abgewiesen wurde, vor dem Reichsgerichte Beschwerde wegen Ver-
letzung seines Wahlrechtes, mit der Begründung, daß er seine durch Ge-
burt erworbene österreichische Staatsbürgerschaft infolge seiner Ernennung
zum Beamten im königl. ungarischen Staatsverbande nicht verloren habe.
Das Reichsgericht gab der Beschwerde statt.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXI. %3. 19