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dann nicht, wenn auf ihn das Auswanderungspatent vom 24. März
1832 anzuwenden wäre. Der Hinweis auf das Auswanderungspa-
tent ist um so bemerkenswerter, da im Sinne des Patentes die An-
stellung im öffentlichen Dienste im Auslande, als unbefugte Aus-
wanderung, den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft
nach sich zieht. ($ 7 Punkt a). Nach dem Standpunkte des
Reichsgerichtes wäre also der Staatsdienst in Ungarn nicht als
fremder Staatsdienst anzusehen. Da aber nach dem ungarischen
Rechte nur ungarische Staatsangehörige im Staatsdienste ange-
stellt werden können, so ist in diesem Satze implicite auch das
ausgesprochen, daß die Erwerbung der ungarischen Staats-
bürgerschaft nicht den Verlust der österreichischen zur Folge hat.
Im österreichischen Rechte gilt es aber als Regel, daß durch
die Erwerbung einer fremden Staatsbürgerschaft die österreichische
Staatsbürgerschaft erlischt °®. Als also das Reichsgericht es aus-
gesprochen, daß die Anstellung im Staatsdienste in Ungarn, so-
wie die Erwerbung der Heimatzuständigkeit in einer ungarischen
Gemeinde, — welche gleichfalls die Erwerbung der ungarischen
Staatsbürgerschaft voraussetzt, — die österreichische Staatsbürger-
schaft nicht aufhebt, hat es hiedurch nicht allein das Prinzip der
Kompatibilität der beiden Staatsbürgerschaften deklariert, son-
dern überdies mittelbar auch jenes Prinzip, daß ım Falle der Er-
werbung der ungarischen Staatsbürgerschaft eine Ausnahme von
jener Regel des österreichischen Rechtes gemacht wird, nach
welcher die Erwerbung einer fremden Staatsbürgerschaft den
Verlust der österreichischen nach sich zieht”, Desgleichen, als
gleich er auf Grund derselben die ungarische Staatsbürgerschaft erworben
haben mag.“ (Hye: Sammlung. IX. Teil 8. 125.)
66 BURCKHARD: „Ueber die Staatsbürgerschaft nach österreichischem
Rechte.“ („Oest. Zeitschrift f. Verwaltung“. 1884, Nr. 16. S. 66); MAYRB-
HOFER: 2.2. OÖ. Bd. II. 8. 942.
67 Nach MAYRHOFER erkennt auch die österreichische administrative
Praxis im Falle der Erwerbung der ungarischen Staatsbürgerschaft eine
Ausnahme von der Regel, daB der Erwerb einer fremden Staatsbtirgerschaft
den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft bewirkt. (A.a.O. S. 942.)