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diese Ausnahme ist weder die Folge, noch die Quelle irgend einer
gemeinsamen Staatsbürgerschaft, wie dies Milner zu interpre-
tieren versucht.
Die österreichischen Autoren werden im allgemeinen bei Auf-
stellung ihrer falschen Theorie in erster Linie von der Gemein-
samkeit der Verteidigung und der Gemeinsamkeit der Wehrmacht
irregeführt, und im gemeinsamen Heere und in der Gemein-
samkeit der Verteidigung erblieken sie zugleich die
Gemeinsamkeit der Wehrpflicht.
Die Gemeinsamkeit der Verteidigung bedeutet jedoch nicht
die Gemeinsamkeit der Wehrpflicht. Den ungarischen Staatsbürger
belastet die Wehrpflicht ausschließlich auf Grund des ungarischen
Gesetzes, und er erfüllt nur die, aus seiner ungarischen Staatsbürger-
schaft fließende und dem ungarischen Staate gegenüber bestehende
Wehrpflicht auch dann, wenn er dieser seiner Pflicht durch den
Dienst im gemeinsamen Heere obliegt. Gemeinsame Pflichten be-
stehen überhaupt nicht, und auch die Wehrpflicht kann im Sinne
des $ 13 des GA. XII, 1867 nur durch ungarische Gesetze be-
stimmt werden, sowie auch die Durchführung der die Wehrpflicht
betreffenden Gesetze durch $ 12 des Ausgleichsgesetzes dem un-
garischen Staate selbst vorbehalten ist”.
Die Wehrpflicht ist also eine unbedingt selbständige unga-
rische staatsbürgerliche Verpflichtung, und es kann aus der, in-
folge der Gemeinsamkeit der Verteidigung bestehenden speziellen
Art der Erfüllung dieser Pflicht, keine nachteilige Folgerung auf
Rechnung des selbständigen Charakters der ungarischen Staats-
bürgerschaft gezogen werden.
Andererseits pflegen jene österreichischen Autoren, die über
79% FERDINANDY: „A magyar alkotmänyjog tankönyve“. (Lehrbuch des
ungarischen Verfassungsrechtes.) Budapest 1911. S. 371. Die Webrpflicht
ist nicht gemeinsam, weshalb auch mit der Durchführung der Wehrgesetze
nicht der k. und k. gemeinsame Kriegsminister, sondern der königl. ung:
Landesverteidigungsminister betraut ist. — Siehe die Vollzugsklausel des
Wehrgesetzes. (& 88 des GA. XXX: 1912.)