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günstigeren Beurteilung ist, wie wir darauf schon oben hingewie-
sen, nur eine billige Rücksichtnahme auf jenes Verhältnis, welches
zwischen den beiden Staaten besteht, ebenso wie ın der internatio-
nalen Praxis im allgemeinen, je nach dem, wie die einzelnen Staa-
ten in engerer oder weiterer Verbindung zu einander stehen, sie
auch ihren Bürgern gegenseitig eine günstigere oder minder gün-
stige Rechtsstellung gegenüber anderen Ausländern einräumen.
Das Rechtsverhältnis der beiden Staaten zieht auf diese Weise
keinerlei die Staatsbürgerschaft betreffenden Konsequenzen nach
sich, sondern es stehen bei der dualistischen Gestaltung der öster-
reichisch-ungarischen Monarchie zwei selbständige Staaten und
dementsprechend zwei selbständige Staatsbürgerschaften neben-
einander.
Die Prüfung der Relation der österreichischen und ungarischen
Staatsbürgerschaft führt also zu dem Resultate, daß die ungarische
Staatsbürgerschaft sowohl formell, als inhaltlich ein exklusives,
in sich abgeschlossenes Rechtsverhältnis, ein von jeder anderen
Staatsbürgerschaft abgesonderter, mit jeder anderen Staatsbürger-
schaft inkompatibler staatsrechtlicher Status ist, welcher sowohl
Oesterreich gegenüber, als im allgemeinen in den internationalen
Beziehungen als ein selbständiges rechtliches Band auftritt.
Wie aus den Angeführten ersichtlich, war die selbständige
rechtliche Existenz der ungarischen Staatsbürgerschaft im Laufe
der Zeiten von verschiedenen Seiten Angriffen ausgesetzt, u. zwar
in der Epoche von 1849 bis 1867 war sie von den Bestrebungen
zur Schaffung einer einheitlichen Staatsbürgerschaft bedroht, seit
1867 aber hält der ständige Kampf gegen den unabhängigen und
exklusiven Charakter der ungarischen Staatsbürgerschaft auch
weiter an, einerseits durch die Verkündung der Einheit der beiden
Staatsbürgerschaften in önternationalen Beziehungen, andererseits
aber durch die prinzipielle Anerkennung der Kompatibilität der-
selben.
So wie aber die während der absolutistischen Regierung voll-