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in Betracht kommt, bieten sich für die Beantwortung dieser Frage keine
Schwierigkeiten. Wo aber das Elektrizitäts-Unternehmen, wie bei jedem
umfangreicheren Stromversorgungsgebiet, der Benutzung des öffentlichen
Grund und Bodens nicht entraten kann, muß es in Rechtsbeziehung zum
„Eigentümer“, zum „Herrn“ oder zum „Verwalter“ dieses „öffentlichen
Gutes“ treten. Die Rechtsnatur dieses „öffentlichen Gutes® und der Ge-
brauchserlaubnis bildet also naturgemäß den Mittelpunht jeder Erörterung
über die verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen, ohne die der Bestand
und ungehinderte Betrieb eines Stromversorgungsunternehmens nicht zu
denken ist.
Indem der Verfasser, ausgehend von dem französischen Rechte und
dem in diesem scharf umrissenen Rechtsbegriff der Konzession und des
domaine public, ganz im Geiste OTTO MAYERs „entsprechende“ Rechts-
formen im allgemein-deutschen Verwaltungsrecht zu erkennen sucht (S. 18
der Buchausgabe), läßt er sich verleiten, sie auch zu finden.
Seinem Ergebnis, die für Benützung öffentlichen Grund und Bodens
für ein Stromversorgungsunternehmen nötige behördliche Erlaubnis trage
den Charakter „der Verleihung öffentlicher Nutzungen“ (S. 94), kann aber
nach Lage des geltenden Rechtes nicht zugestimmt werden. Denn es be-
ruht auf der irrigen Voraussetzung, daß die Lehre vom öffentlichen Eigen-
tum, welche im französischen Recht in einer ausdrücklichen Gesetzesvor-
schrift (vergl. code civil art. 538 u. 540) wurzelt, auch ins deutsche Ver-
waltungsrecht Eingang gefunden habe, Vergl. hierzu die eingehend be-
gründete Entscheidung des sächsischen Oberverwaltungsgerichts (I. Senat)
vom 9. Febr. 1910, Bd. 15 S. 197. Die Kritik, die PasquAy S. 91 ff. an der
Auffassung übt, daß das Eigentum des Staates an den öffentlichen Sachen
sich als einfaches Privateigentum darstelle, und die sich vor allem gegen
die reichsgerichtliche Judikatur wendet, mag vielleicht einen guten Keim
für die Fortentwicklung des deutschen Verwaltungsrechtes enthal-
ten, im derzeit geltenden Rechte findet sie aber meines Erachtens keine
genügende Stütze. Daß eine Rechtsentwicklung im Sinne seiner publi-
zistischen Auffassung übrigens geeignet wäre, an Stelle der nach der heuti-
gen Judikatur juristisch einfachen und praktisch befriedigenden Lösung der
Streitfrage komplizierte Verhältnisse (mehrfache Zuständigkeiten, Schwierig-
keiten in der Vollstreckung etc.) zu setzen, gibt PasquaY (S. 89) selbst zu.
Man wird aber nicht nur den Bedürfnissen des praktischen Lebens, sondern
auch der Forderung einer hiemit harmonierenden rechtlichen Konstruktion
gerecht, wenn man annimmt, daß der Staat bei der Erteilung der Geneh-
migung zur Benützung Öffentlicher Straßen einerseits handelt als Privat-
eigentümer (Abschluß von Privatverträgen) und andererseits als Hüter der
öffentlichen Ordnung und Sicherheit (polizeiliche Bewilligung der Leitungs-
kreuzung unter entsprechenden Auflagen). Bei dieser Auffassung, nach
welcher — nebenbei bemerkt — die bayerische Regierung bei Regelung