Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

— 595 — 
samtheit der Jugendfürsorge- und Jugendpflegebestrebungen.«ine Zerklüftung, 
die ernste Sorge bereiten muß. Es ist ein Verdienst der unermüdlich täti- 
gen Deutschen Zentrale für Jugendfürsorge in Berlin, daß sie den Versuch 
gewagt hat, möglichst viele Gebiete dieser Bestrebungen durch eine prak- 
tische Arbeitsgemeinschaft der verschiedenen kirchlichen, politischen und 
sozialen Parteien zu neutralisieren. Ein Schritt auf diesem Weg war auch 
der von ihr im März 1912 veranstaltete Erörterungsabend zur Ermöglichung 
einer freien Aussprache führender und sachverständiger Persönlichkeiten 
zur Ermittelung neuer Mittel und Wege, um den unheilvollen Wirkungen 
wachsender Zersplitterung im Bereich der Jugendpflege entgegenzuwirken. 
Freilich kann wohl niemand so optimistisch sein, zu erwarten, daß durch 
solche Disputationen, sei es im Mittelalter, sei es in der Neuzeit, Klüfte in 
der Weltanschauung und die hieraus sich ergebenden Gegensätze überbrückt 
werden können; immerhin ist es von großem Interesse, aus dem nunmehr 
gedruckt vorliegenden Verhandlungsbericht die Stellungnahme der Vertreter 
der großen Religionsgemeinschaften, der wissenschaftlichen Anschauungen, 
der politischen und sozialen Parteien zu ersehen, aber auch einzusehen, 
daß eine Einigung auf diesem Gebiet, besonders insoweit politische Gegen- 
sätze in Frage kommen, wohl noch für lange eine unerfüllbare Hoffnung 
bleiben wird. 
Bürgermeister Dr. WEINREICH-Neukölln, der Referent, unterscheidet drei 
große Gruppen in der Jugendbewegung: die kirchliche, diebürger- 
lich-nationale, diesozialistische Jugendbewegung, wo- 
bei jedoch nicht außer acht gelassen werden darf, daß die beiden erst- 
genannten einander in der Sache selbst wesentlich näher stehen als die 
dritte. Zutreffend stellt dieser Berichterstatter fest, daß die katholische 
Kirche als erste sich der schulentlassenen Jugend des Volkes angenommen 
hat, und daß ihre Organisationen, über die katholischen Landesteile ver- 
breitet, eine starke Mitgliederschaft aufweisen; auf jahrzehntelange Ent- 
wicklung blicken auch die evangelischen Jungmännervereine zurück; prak- 
tische Jugendarbeit seit mehr als einem Jahrhundert leistete ferner die 
deutsche Turnerschaft, die in der Neuzeit gewissermaßen abgelöst wird 
durch die Jugendwehren und verwandten Bestrebungen. Verhältnismäßig 
jung ist die völlig isoliert stehende sozialdemokratische Bewegung, die nach 
dem Beschlusse des Nürnberger Parteitages dafür zu sorgen hat, daß die 
Arbeiterjugend im Sinne der proletarischen Weltanschauung erzogen werde, 
und in der Zeitschrift „Arbeiterjugend® und in den Jugendheimen starke 
Kampf- und Propagandamittel sich geschaffen hat. 
Dr. WEINREICH bespricht sehr eingehend die juristische und politische 
Seite der einzelnen Bestrebungen und bringt dann Vorschläge, wie dem 
ungehemmten Einfluß der Einwirkung der politischen, kirchlichen und so- 
zialen Parteien auf die Jugend, der vom 14. bis zum 18. Lebensjahr eine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.