Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

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politische und religiöse Schonzeit eingeräumt werden müsse, entgegen- 
gewirkt werden könnte. 
Es steht demgegenüber freilich eine von zuständiger Seite nicht selten 
geäußerte Anschauung, daß gerade die schulentlassene Jugend einer religiös- 
sittlichen Beeinflussung dringend bedürfe, und daß gerade die bisherige 
völlige Unterlassung einer solchen Führung viel Schuld mit trage an der 
zunehmenden Verrottung und Verwahrlosung der heranwachsenden Jugend. 
Oberstudienrat Dr. KERSCHENSTRINER- München, der bekannte Schul- 
mann und Organisator, ist der Ueberzeugung, daß man, solange der Staat 
außerstande sei, die gewaltigen Mittel für die Jugendpflege aufzubringen, 
die Mitarbeit der verschiedenen Parteien nicht missen könne; nur dürfe 
diese Erziehungsarbeit nicht in eine Erziehung zum Haß ausarten; sonst 
bleibe kein anderes Mittel als der Kampf des Staates gegen diese Parteien, 
möge er dann auch das Zehnfache oder das Hundertfache von dem auf- 
wenden müssen, was er heute zur Lösung dieses Problems aufzuwenden 
gesonnen ist. 
Pfarrer Lic. Dr. HoLıLmann - Nikolassee vertrat die Bestrebungen der 
deutschen Jugendvereine, die einen Mittelweg einhalten wollen zwischen 
einer zu starken Betonung der religiösen Kultur und einer Ueberschätzung 
der körperlichen Ertüchtigung. 
Dr. AuGUsT PıerER, Generaldirektor des Volksvereins, hingegen recht- 
fertigt die Tendenz der konfessionellen Jugendvereine, die heute vollauf 
die neuen Aufgaben der Jugendpflege: die allgemeine Bildung, die ver- 
edelnde Unterhaltung und Erholung, die körperliche Ertüchtigung, die 
Pflege der guten Sitten erfüllten. 
Dr. FINKEL, Geschäftsführer des Verbandes der jüdischen Jugendvereine, 
empfiehlt die Neutralität der Bestrebung, eine Sammelpolitik für die ganze 
deutsche Jugend im Interesse des Vaterlands. 
Als einer der Mitbegründer der proletarischen Jugendbewegung hält 
Rechtsanwalt Dr. FRAnKk-Mannheim die Neutralität in der Erziehung für 
einen Traum, da ja schon der Staat in der Erziehung in der Volksschule 
parteipolitischen Charakter aufweise; es sei auch ganz gut denkbar, daß 
auf einzelnen Gebieten die verschiedenen Gruppen der Jugendbewegung, 
freie wie bürgerliche und konfessionelle, gemeinsam vorgehen. 
Es würde für den Raum einer Besprechung zu weit führen, auf das 
Vorbringen aller Diskussionsredner zu dem vielgestaltigen und weitver- 
zweigten Problem einzugehen; es dürfte genügen, festzustellen, daß alle, 
die ein Interesse an der fortschreitenden Entwicklung der Jugendbewegung 
nehmen, aus dem Buch reiche Belehrung schöpfen können. 
München, Landgerichtsrat Rupprecht.
	        
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