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zu beweisen ist; beweispflichtig ist auch, wer eine besondere Sachkunde
besitzt, während sein Prozeßgegner Laie ist), das „Schuldmoment“
(beweispflichtig ist, wer durch sein Verschulden einen Prozeß verursacht oder
einen bestehenden Prozeß kompliziert, z. B. durch arglistiges Leugnen oder
durch böswilliges Vernichten von Beweismomenten, oder wer es schuldhaft
unterläßt, für Beweismittel zu sorgen), das „‚Wahrscheinlichkeits-
moment“ (wer das Unwahrscheinliche behauptet, ist beweispflichtig) und
noch verschiedene andere Momente. Keines von ihnen kann darauf Anspruch
machen, in allen Prozessen schlechterdings anwendbar zu sein, sondern je nach
der Lage des Falles hat der Richter das eine oder das andere auszuwählen
oder auch mehrere kumulativ anzuwenden. Der Verfasser geht sodann fast
das ganze Gebiet des Zivilrechts durch und wendet seine Prinzipien auf
die einzelnen Rechtsfragen an. An Beispielen aus der Praxis, deren, wie
erwähnt, das Werk eine außerordentliche Fülle enthält, zeigt er, daß ent-
weder seine Theorie bereits instinktiv angewendet worden ist, oder wie
unter Anwendung seiner Theorie hätte entschieden werden müssen. Ein
ausführliches Sachregister erleichtert die Verwendung des Buches in der
Praxis. Mitunter wäre ein schärferes Hervorheben der Stellung zu wünschen,
die der Verfasser selbst zu den zitierten Entscheidungen einnimmt; hier
und da ist es zweifelhaft oder erst nach einiger Ueberlegung zu erkennen,
ob er die Entscheidung anführt, um an einem abschreckenden Beispiel die
Unrichtigkeit der gegnerischen Ansichten zu zeigen, oder um die praktische
Verwendbarkeit und Richtigkeit der eigenen Ansicht durch die überein-
stimmende Auffassung praktischer Juristen zu belegen. Auch scheint mir
eine reinlichere begriffliche Trennung zwischen Beweislast und Beweis-
würdigung häufig am Platze. Ernst Isay.
K. Lederle, großherzoglicher Notar in Weinheim. Die Lebensversi-
cherung unter besonderer Berücksichtigung ihrer rechtlichen Be-
ziehungen zum ehelichen Güterrecht, Erb- und Konkurs-
recht sowie ihrer Besteuerung. Heidelberg 1913. Carl Winters
Universitätsbuchhandlung. 228 S. Brosch.
Wie der Herr Verfasser in seinem Vorwort zutreffend ausführt, bietet
wohl keine Materie der gesamten Privatversicherung dem in der Praxis
stehenden Juristen in rechtlicher Hinsicht so viele Schwierigkeiten, und
wohl keine nimmt seine Zeit und seine Verantwortung so sehr in Anspruch,
als die Lebensversicherung. — Diese Umstände haben den Autor veranlaßt,
aus dem großen Gebiete der Privatversicherung die Lebensversicherung
einer speziellen Bearbeitung zu unterziehen. Eine begrüßenswerte und
dankenswerte Aufgabe. Das Buch soll dem Praktiker ein Hilfsmittel sein,
sich über den gegenwärtigen Stand der wichtigsten Probleme der Lebens-
versicherung zu unterrichten und sich selbst ein Urteil zu bilden. — Mit