Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

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Gesetzliches und testamentarisches Erbrecht müssen auf einen ge- 
meinsamen Grund zurückgeführt werden. Er liegt darin, daß der Erbe 
das Werk des Erblassers gleichsam als Treuhänder fortsetzen soll. 
Einerseits muß dem Erblasser die Bestimmung überlassen bleiben, wem 
er sein Vertrauen schenken will; fehlt eine solche Bestimmung, so muß die 
engere, durch Gemeinschaft der Tradition zusammengehaltene Familie als 
zur Fortsetzung des Lebenswerkes am geeignetsten angesehen und daher 
zur Erbschaft berufen werden. Andererseits muß der Nachlaß nach seiner 
Zusammensetzung geschieden werden in das „Gewinnvermögen“ (das ohne 
Arbeit des Kapitalisten „arbeitende“ Kapital, wie Zins- und dividenden- 
tragendes Vermögen, Spekulationsvermögen) und das „Gebrauchs- und Ge- 
schäftsvermögen“ (das „Persönlichkeitswerte enthaltende“ übrige Nachlaß- 
vermögen). 
Dem Gesichtspunkt der Dankbarkeit für empfangene Wohltaten kann 
dadurch genügt werden, daß dem Erblasser gestattet wird, einen bestimmten 
Teil seines Geldkapitals zu Vermächtnissen zu verwenden. 
Diesen Richtlinien entsprechend ist das gesetzliche und das testamen- 
tarische Erbrecht zu beschränken. Die hiedurch frei werdenden Erbschaften 
gebühren dem Gemeinwesen, das auf nicht wenigen Gebieten die Aufgaben 
zu erfüllen hat, die einst der Familie zufielen. Unter den drei vornehmlich 
in Betracht kommenden Arten von Gemeinwesen: Gemeinde, Einzelstaat, 
Reich darf die Gemeinde um deswillen nicht unberücksichtigt bleiben, weil 
sie an der Sorge um das persönliche Wohl des einzelnen den größten An- 
teil hat. 
Den angeführten Hauptgedanken gibt der Verfasser in folgenden Leit- 
sätzen praktische Gestaltung: 
1. Ein volles Erbrecht (gesetzliches Erbrecht und Pflichtteils- 
recht) gebührt der Ehefrau und den Verwandten des Erblassers, soweit sie 
der ersten oder der zweiten Ordnung (Parentel) angehören. Ebenso auch 
sonstigen Voreltern; doch ist das Erbrecht der Großeltern auf den Nieß- 
brauch zu beschränken, soweit es sich um Gewinnvermögen handelt. Das 
Erbrecht der Urgroßeltern ist lediglich als Nießbrauch berechtigt. 
2. Den Verwandten der dritten Ordnung (Parentel) — abgesehen von 
den Großeltern — gebührt ein beschränktes gesetzliches Erb- 
recht, beschränkt auf das Gebrauchs- und das Geschäftsvermögen des Erb- 
lassers; das Gewinnvermögen ist ihnen vorzuenthalten. Ein Pflichtteilsrecht 
kommt ihnen nicht zu. 
8. Das Testamentsrecht ist folgendermaßen zu beschränken: 
a) Der Erblasser verfügt frei über Gebrauchs- und Geschäftsvermögen, 
soweit nicht seine Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht beschränkt ist. 
b) Ueber sein Gewinnvermögen darf er von Todes wegen nur zugunsten 
der Ehefrau oder von Verwandten der ersten beiden Ordnungen verfügen.
	        
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