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son erfassen kann, so findet das hier seine Bestätigung: Der
Polizeistaat ist, sofern er der Rechtsordnung nicht unterworfen,
kein Rechtssubjekt, ist nicht Person.
Dahingestellt sei, ob eine Norm, die nicht auch den Staat,
sondern nur den Untertanen bindet, eine Rechtsnorm im voll-
endeten Sinne des Wortes ist, ob in solchem Falle nicht bloß
ein moralisch-politisches Machtgebot vorliegt, dahingestellt sei
auch, ob überhaupt ein Staat, und ob insbesondere auch
der Polizeistaat einer rechtlichen Bindung durch seine eigene
Zivil- und Strafrechtsordnung entgehen kann, ob nicht die
Geltung jeder Privat- und Strafrechtsordnung denknotwendig
auch eine rechtliche Bindung der Straf- und Exekutions-
gewalt des Staates bedeutet. Hier ist auch die Frage nicht zu
erörtern, welche Bedeutung eine Trennung der Gewalten ?°,
insbesondere der legislativen von der exekutiven, für die Ver-
pflichtungsmöglichkeit der Staatsgewalt, für die Vorstellungs-
möglichkeit von Rechtspflichten des Staates und damit für die
Konstruktion einer Staatspersönlichkeit hat. Es genügt fest-
zustellen, daß nach üblicher Auffassung auch im Polizeistaat
eine rechtliche Bindung der Staatsgewalt durch die Privatrechts-
und Strafrechtsordnung angenommen wird, sobald sich selb-
ständige, unabhängige Gerichte herausgebildet haben *!. Sofern
die Ausübung der Justiz dem Fürsten allmählich entgleitet und
in die Hände unabhängiger Gerichte gerät, wird diese Rich-
tung der Staatsgewalt durch die Rechtsordnung gebunden
und zwar durch dieselbe Rechtsordnung, die auch die Privat-
und Strafrechtspflichten der Untertanen statuiert. ‚‚Die Be-
hörden der Justiz werden ein selbständiges Machtelement
innerhalb der staatlichen Ordnung, wohl befähigt, auch der
sonst schrankenlosen öffentlichen Gewalt gegenüber Recht und
2° Dazu vgl. Fleiner a. a. 0. 8.9 ff.
?i Otto Mayer, a. a. O. 8. 41.
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