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ein Verbot an alle der hessischen Staatsgewalt Unterworfenen
enthält, dahingehend, daß sie alle die Existenz oder Ausübung
dieser Gewährung verneinenden Willensbetätigungen zu unterlassen
haben®. Es ist also durch die Immunitätsvorschriften allen der
Staatsgewalt der betreffenden Bundesstaaten unterworfenen, in
specie den Beamten und Behörden, untersagt, Handlungen ent-
gegen diesen Vorschriften vorzunehmen. Dieselben haben also
eine doppelte Bedeutung. Eine territoriale insofern, als auf dem
betreffenden Staatsgebiet niemand entgegen diesen Vorschriften
die Immunität der Abgeordneten antasten kann; eine personelle
insofern, als auch außerhalb jenes Staatsgebietes die Behörden und
Beamten des betreffenden Staates diesen Vorschriften nicht zu-
wider handeln dürfen. Denn in dem betreffenden Verfassung
artikel ist insbesondere auch ein in Gesetzesform enthaltener u
daher zur Rechtsnorm gewordener Dienstbefehl (vgl. meine „Ab-
grenzung des Gesetzgebungs- und Verordnungsrechts* Seite 22)
an alle Beamten und Behörden die Immunität der Abgeordneten
anzuerkennen, enthalten’.
Nun befiehlt also auf der einen Seite die Verfassung des be-
treffenden Bundesstaates dessen Beamten keinerlei Verhaftung des
immunen Landtagsabgeordneten vorzunehmen. Das Reichsrecht,
insbesondere die $$ 161 GVG. 36. 131. 132. 159. 187 StPO. be-
fiehlt ihnen dagegen den Haftbefehl des Richters aus anderen
Bundesstaaten zu vollstrecken. Reichsrecht würde dem Landes-
recht an sich natürlich vorgehen, wenn nicht wieder die durch
8 6 Ziffer 1 EGStPO. geschaffene Modifikation eingreifen würde.
Denn es ist schlechterdings nicht einzusehen, warum er nicht
* Vgl. meine „Abgrenzung des Gesetzgebungs- und Verordnungsrechts
nach deutschem Reichsstaatsrecht“, Mainz 1912, S. 8.
5 Es ist daher unrichtig, wenn GAREIS, um eine ganz horrible Konse-
quenz des diesseitigen Stundpunktes darzutun, a. a. O. S. 639, dartut, es
könnte bei Zugrundelegung desselben der Abgeordnete sogar von den hei-
mischen Behörden auf dem Gebiet des anderen Bundesstaats verhaftet
werden.