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eines den Staatswillen vollziehenden Menschen ausmündet, daß aber diese
Dienstpflicht im Gegensatz zur Pflicht des Staates nicht nach außen wirkt,
weshalb z. B. ein Anspruch auf Entlassung aus dem Staatsverband nur
gegen den Staat, vertreten durch seine abstrakt bezeichneten Organe, und
nicht gegen einen Beamten persönlich verfolgt werden könne.
Auf S. 564 begegnen wir dem interessanten Hinweis, daß der bekannte
Vergleich, den BISMARCK in seinen Gedanken und Erinnerungen zwischen
den verschiedenen Ministerialressorts und einer Staatenföderation zieht,
schon vom FREIHERRN VOM STEIN gemacht worden ist.
S. 652 erwähnt der Herausgeber, daß E. KAUFMANN gegen die Auf-
fassung der Kolonien als Staatsfragmente polemisierend, behauptet, es gebe
in den Kolonien eine eigene Staatsgewalt, nämlich die des Reiches ; jede
Staatsgewalt könne die ihr unterworfenen Gebietsteile verschieden behan-
deln, ebenso die Untertanen; das tue das Reich, aber über beiden Arten
von Gebieten und Untertanen stehe doch gleichmäßig die eine Reichsge-
walt. Der Herausgeber bemerkt hiezu, daß dieser Einwand die Probe nicht
aushalten dürfte. „Man denke sich die Kolonien weg und es bleibt ein
Staat, das Reich. Man denke sich hingegen das europäische Deutschland
weg und die Kolonien zerfallen in Anarchie. Also kann die Reichsgewalt
den Kolonien gegenüber keine eigene sein.“
S. 657 erwähnt der Herausgeber, daß der Verfasser bis zu seinem Tode
an der Auffassung festgehalten hat, wonach Finnland nicht ein selbständi-
ger Staat, sondern ein Staatsfragment ist und gerade dadurch gegen An-
griffe Rußlands, das ja nach Völkerrecht selbst die Existenz eines mit ihm
dauernd verbündeten Staates unter Umständen zu vernichten befugt wäre,
besser geschützt erscheint, als wenn man ihm vollen Staatscharakter zu-
erkennt. Im Einklang mit dieser Auffassung bezeichnet der Herausgeber
das russische Gesetz vom 17. Juni 1910, das die wichtigsten Zuständig-
keiten des finnländischen Landtags auf die Reichsduma und den Reichsrat
übertrug, nicht als eine Völkerrechts- sondern als eine Verfassungswidrig-
keit, durch die allerdings die Gültigkeit dieses Gesetzes kaum berührt
werde.
S. 676 wird darauf hingewiesen, daß die famose Lehre von der Ueber-
staatlichkeit des Herrschers in der neuesten Zeit auch in dem Streit um
die Freiheit der Bundesfürsten vom Reichswehrbeitragg zum Ausdruck
kommt, was gewiß nicht ganz der Komik entbehrt.
S. 749 Note 1 wird die von LUKAS vertretene Ansicht erwähnt, wonach
der Staatenstaat, an den Maßstäben des modernen Staates gemessen, wegen
Mangels einer die Untertanen unwiderstehlich bindenden Staatsgewalt des
Oberstaates ein völkerrechtliches Gebilde, also kein Staat sei. Der Heraus-
geber bemerkt hiezu, es werde hier wie überall darauf ankommen, ob die
in Widerspruch mit den Gesetzen des Oberstaates erlassenen Gesetze des
Unterstaates gültig sind oder nicht. Sind sie es nicht, schulden ihnen die