Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 33 (33)

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Prinzip der freien Kanalbenutzung für Handels- und Kriegsschiffe aner- 
kannt. England aber, das den Vertrag zur Unterschrift präsentiert und 
ja auch selbst unterzeichnet hatte, lehnte die Inkraftsetzung eben dieses 
Vertrages für sich ausdrücklich ab, indem es die Anwendbarkeit des Ver- 
trags im einzelnen für sich selbst davon abhängig machte, daß seine Okku- 
pationsinteressen in Aegypten nicht verletzt würden. Ueber die Wirksam- 
keit des Vertrags entschied also schließlich das diskretionäre Ermessen von 
England. 
2. Der Vertrag war glücklich unter Dach und Fach. Aber die 
reservation generale der ersten Seemacht nahm ihm 
seinen Wertundbrachte neue Unsicherheit. 
a) Konnten sich auch die übrigen Signatarmächte 
auf diesen Vorbehalt berufen und gegebenenfalls die Wirksam- 
keit des Vertrags in Abrede stellen ? 
Diese Frage hatte Holland bereits am 17. Nov. 1887 an die französische 
Regierung gestellt und diese hatte nach Rücksprache mit dem englischen 
Kabinett am 20. Nov. die Frage bejaht. Demgemäß hat denn auch 
später die englische Regierung im Parlament wiederholt (1888, 1898) er- 
klärt, der Vertrag sei wohl vorhanden, aber infolge des englischen Vorbe- 
halts überhaupt noch nicht angewandt worden. Bei dieser Auffassung, 
welcher DEDREUX S. 104 mit Recht widerspricht, wäre aber der ganze 
Vertrag ein ausgesprochener Mummenschanz. Vor allem ist festzustellen, 
daß es sich bei der Nichtanwendung nur um den Art. 8 gehandelt hat. 
Es stehen aber auch juristische Bedenken entgegen, die ich schon an an- 
derer Stelle angedeutet habe!. Nur ein allgemeiner Vorbehalt schlechthin 
gäbe in Gemäßheit des Gleichheitsprinzips nach völkerrechtlicher Praxis 
auch den übrigen Mächten das reziproke Recht, das dann allerdings dem 
Vertrag auch jeden Wert nehmen würde. Hier handelt es sich aber um 
einen bloß eventuellen Vorbehalt: nur für den Fall, daß die englischen 
Okkupationsinteressen bedroht werden, kann England dem Vollzug Wider- 
stand entgegensetzen. In dieser Richtung fehlt aber die Reziprozität; 
denn die anderen Staaten sind in Aegypten nicht Okkupationsmacht?. Die 
i „Die völkerrechtliche Stellung des Suezkanals“ in der Leipziger Ztschr. 
f. deutsches Recht 1915 S. 21. 
® Vgl. auch M. HuBER, „Gemeinschafts- und Sonderrecht“ in der Fest- 
schrift für OÖ. GIERKE 8.831: „Der Vertrag gilt zwischen dem Urheber des 
Vorbehalts einer- und den übrigen... . Vertragsparteien andererseits nur 
in dem durch den Vorbehalt modifizierten Umfange. Diese reziproke 
Wirkung kann da nicht eintreten, wo der Vorbehalt 
seiner Natur nach den besonderen individuellen Ver- 
hältnissen des Urhebers des Vorbehaltes entspricht.
	        
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