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Sämtliche Staatsdiener — also auch die Offiziere — blieben
hinsichtlich ihrer Amtsverriehtungen verantwortlich. „Derjenige,
welcher sich einer Verletzung der Landesverfassung, namentlich
auch durch Vollziehung einer nicht in der verfassungsmäßigen
Form ergangenen Verfügung einer höchsten Staatsbehörde ($ 108),
einer Veruntreuung öffentlicher Gelder oder einer Erpressung
schuldig macht, sich bestechen läßt, seine Berufspflichten gröb-
lich hintansetzt oder seine Amtsgewalt mißbraucht, kann auch
von den Landständen oder deren Ausschuß bei der zuständigen
Gerichtsbehörde angeklagt werden.“ Die Sache war alsdann auf
dem gesetzlichen Wege schleunig zu untersuchen, von dem Er-
gebnisse der Anklage war den Landständen oder ihrem Ausschusse
Nachricht zu geben. Gewiß war diese Bestimmung insofern un-
gemein heilsam, als sie den Grundsatz der Verantwortlichkeit
eines jeden Beamten für sein amtliches Verhalten, für die Gesetz-
und Rechtmäßigkeit seines Tuns, aussprach, aber schwere Be-
denken muß ihre weite, allzuweite Fassung erregen, wonach die
Landstände oder ihr Ausschuß einen jeden Staatsdiener „wegen
gröblicher Hintansetzung seiner Berufspflichten oder Mißbrauchs
der Amtsgewalt* bei den ordentlichen Gerichten in Anklagezu-
stand versetzen konnten. Hier war tatsächlich der Grundgedanke
des monarchisch-konstitutionellen Staatsrechts, daß alle Staats-
gewalt sich im Monarchen vereinige, durchbrochen, den Land-
ständen, der Volksvertretung, wurde ein Einfluß auf die allge-
meine Führung der Dienstgeschäfte durch die Staatsbehörden ein-
geräumt, der mit einer geordneten Verwaltung überhaupt kaum
noch vereinbar ist, an Stelle der obersten Dienstvorgesetzten der
Beamten, der Staatsminister, traten als bewachende Organe die
Landstände ein. Faktisch räumte dieser Paragraph der Volks-
vertretung hiermit ein weitgehendes Ueberwachungs- und eine
Art Dienstaufsichtsrecht über die Beamten ein, eine stete Ver-
suchung zur inneren Einmischung in den Geschäftsgang der Be-
hörden war so gegeben. Durch diese verhängnisvolle Vermengung