Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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übung des Wahlrechts bei Wahl der ländlichen Abgeordneten 
selbständigen Betrieb eines Handwerks oder des Ackerbaues oder 
Besitz eines Wohnhauses in dem betr. Landbezirk. Somit war 
die ganze zahlreiche Schicht der Fabrikarbeiter, Handwerksgesellen 
und Handlungsgehilfen sowie der ländlichen Arbeiter, also viel- 
leicht wohl gerade die große Maße des Volkes von der Wahl- 
berechtigung vollständig ausgeschlossen, nur den besitzenden und 
zahlenden Volksschichten stand die Teilnahme an der Bildung 
des Volkswillens zu. Ein ungemein engherziges und jedes Libe- 
ralismus bares System! Eigenartig ist die Bestimmung des $ 68, 
daß bei der Wahl eines jeden landständischen Abgeordneten zu 
gleicher Zeit mit ihm ein Stellvertreter gewählt wurde. Auf 
diesen gingen im Fall des Todes, der eintretenden Unfähigkeit 
oder einer längeren Verhinderung die landständischen Rechte und 
Pflichten des Abgeordneten während des begonnenen Landtags 
bis zu dessen Schluß über. So erübrigte sich alle und jede 
Ersatzwahl während der Legislaturperiode. Die — sehr eingehen- 
den — Bestimmungen über die Vornahme der landständischen 
Wahlen brachte das bereits erwähnte Gesetz vom 16. Februar 
1831. Danach wurden die Abgeordneten der Städte durch eine 
doppelte Wahl gewählt, die erste Wahl bestimmte die Wahl- 
männer, die zweite die Abgeordneten selber und ihre Stellver- 
treter. Die Wahl der Abgeordneten der Landbezirke war sogar 
eine dreifache, die Urwähler wählten hier zunächst die Gemeinde- 
bevollmächtigten, diese hatten die Wahlmänner zu wählen und 
die Wahlmänner endlich wählten erst ihrerseits die Abgeordneten 
und ihre Stellvertreter. Gekünstelter und denaturierter konnte 
wohl kaum der eigentliche Volkswillen zur Geltung kommen! 
Ungemein wichtige Neuerungen brachte das Wahlgesetz vom 
5. April 1849. Es beseitigte die Landstandschaft der privilegier- 
ten Stände also namentlich der Standesherrn der althessischen 
und der Reichsritterschaft vollständig und ersetzte das Privilegium 
der Geburt durch ein solches des Besitzes. Danach bestand der
	        
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