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in voller Versammlung (in pleno) zu entscheiden hat“. Ein
Schuldigspruch zog die Entfernung vom Ministeramt nach sich.
Durch Auflösung oder Schließung der Landstände verstand es die
Regierung diesem Institut der Ministeranklage jede praktische
Bedeutung zu nehmen, denn das Oberappellationsgericht wies in
ständiger Rechtsprechung die Anklage des landständischen Aus-
schusses ($ 102 Verf.) wegen Fehlens der Aktivlegitimation mit
Recht zurück. Nach $ 88 erhielten die Mitglieder der Stände-
versammlung mit Ausnahme der Prinzen des Kurhauses sowie der
Standesherrn angemessene Tage- und Reisegelder (zuletzt 4 Taler).
Die Ständeversammlung war insofern permanent als sie nach $ 102
das Recht und die Pflicht hatte, für die Zwischenzeit von einem
Landtag zum anderen sowie im Fall der Vertagung oder Schlie-
ßung einen bleibenden landständischen Ausschuß aus 3—5 Mit-
gliedern zu ernennen. Er hatte über die Vollziehung der Land-
tagsabschiede bis zum nächsten Landtage zu wachen und auch
sonst die landständischen Interessen wahrzunehmen. Aehnliche
Bestimmungen finden sich in zahlreichen anderen Verfassungen
deutscher Mittel- und Kleinstaaten, vorbildlich für sie waren die
SS 187—192 der Württembergischen VerfU. vom 15. IX. 1819.
In Uebereinstimmung mit den Verfassungen der meisten deutschen
Mittel- und Kleinstaaten waren die Landstände nach $ 103 be-
fugt, einen Landsyndikus als ständigen Sekretär auf Lebenszeit
anzustellen. „Dieser muß ein Rechtsgelehrter von bewährter
wissenschaftlicher Tüchtigkeit und erprobter moralischer Würdig-
keit, auch wenigstens 30 Jahre alt sein“. Seine Wahl unterlag
der Bestätigung durch den Landesherrn. Mit seinem Amte war
jeder andere Staatsdienst sowie jeder andere Erwerbsberuf un-
vereinbar. Seine Obliegenheiten bildete die Protokollführung in
der Ständeversammlung, Erstattung von Gutachten, Erteilung von
Rechtsrat und Auskunft sowie Beaufsichtigung des landständischen
Archivs.
Die Organisation der obersten Staatsbehörden (Abschnitt 8
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