Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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nehmlich erfüllen diesen Zweck die Vorschriften des Privat- und 
Strafrechts, beide Materien im weitesten Sinne gedacht. Aber 
selbst dort, wo der Bewegungsfreiheit des einzelnen noch der 
weiteste Spielraum bleibt, gibt es Prinzipien, die dem mensch- 
lichen Tun bestimmte Bahnen weisen und Ueberschreitungen jeden 
Rechtserfolg versagen. So wird auch das Schuldrecht — und dies 
sei nur ein Beispiel — von allgemeinen Sätzen beherrscht wie 
der Rücksicht auf Treu und Glauben, dem Verbot der Sehikane, 
des sittwidrigen oder ausbeuterischen Verhaltens usf. 
Ihre Entstehung verdanken aber die Normen des objektiven 
Rechts natürlichen Bedürfnissen und der Erkenntnis ihrer Not- 
wendigkeit, gleichviel ob sie feste Form sofort im gesetzten Recht 
erhalten oder zunächst nur als Gewohnheitsrecht erscheinen oder 
ob sie sich endlich erst gar durch weiterstrebende Auslegung be- 
reits bestehenden Rechts durch die Gerichte bilden. 
Das Kriterium des objektiven Rechts als solchen bleibt seine 
bindende Kraft, die Ursache seiner Entstehung aber die Erkennt- 
nis der Notwendigkeit, einem bestimmten Tatbestand bestimmte 
rechtliche Folgen anhaften zu lassen; gleichgültig auf welchem 
Gebiet, ob auf dem des Straf- oder Privatrechts: der widerrecht- 
liehen Fortnahme einer Sache muß zum Schutze des Eigentums 
ebenso die Strafe folgen wie dem Verkauf einer Sache die Eigen- 
tumsübertragung bzw. Zahlung des Kaufpreises usf. Immer aber 
fordert das Leben selbst die Regelung bestimmter Tatbestände, 
fordert es die Aufstellung von Normen für die Wiederkehr glei- 
cher oder ähnlicher Erscheinungen. Man wird diesen Entwick- 
lungsprozeß vielleicht am besten bei der Entstehung des Gewohn- 
heitsrechts beobachten können, der Urform und Urstufe allen 
objektiven Rechts: auf beschränktem Gebiete macht sieh die Not- 
wendigkeit geltend, bestimmte Erscheinungen des Lebens nach 
besonderen Grundsätzen zu beurteilen, bis sich schließlich der 
Anwendungskreis dieser Regeln immer mehr erweitert und nie- 
mand mehr zu zweifeln wagt, daß das, was hier angewandt wird,
	        
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