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aus einem anderen Grunde rechtsverbindlich seien, und zwar um
deswillen, weil sie ordnungsmäßig zustandegekommen, mithin vor
allem von dem Träger der Staatsgewalt als dem hierzu berufenen
Organ mit dem Gesetzesbefehl ausgestattet sind.
Für unsere Betrachtung müssen indessen alle staatsrechtlichen
Gesichtspunkte ausscheiden. Die reehtsphilosophische Betrach-
tungsweise, die hier allein in Frage kommt, ist völlig von der
juristisch-konstruktiven zu trennen; ihr kommt es nicht so sehr
darauf an, woher die Sätze des objektiven Rechts ihre recht-
lich verbindliche Kraft schöpfen, als vielmehr darauf, worauf
tatsächlich ihre bindende Gewalt beruht. Ueberdies ist jener
staatsrechtliche Gesichtspunkt ein rein formalistischer und schon
deshalb hier gar nicht verwertbar: gesetzt alle BRechtsgenossen
oder ein großer Teil derselben kümmerte sich weder um die ver-
bindliche Kraft der Gesetze noch auch um den Gesetzesbefehl,
gesetzt auch die Anwendung jedes Mittels zur Durchführung des-
selben würde mit roher Gewalt vereitelt — dann wäre freilich
ein rechtloser Zustand geschaffen, aber die auf den Gesetzesbefehl
gegründete bindende Kraft der Gesetze bliebe dennoch unter
solchen Umständen nur ein Phantom. Die philosophische Betrach-
tungsweise muß auch das Auftreten solcher Probleme wie der
eben angedeuteten berücksichtigen, während die staatsrechtliche
Untersuchung bereits an einem früheren Punkt Halt machen und
sich damit begnügen muß, vom Boden des Rechts, vornehmlich
des bestehenden, die Begründung für die einzelnen Erscheinungen
desselben zu geben.
Il.
Wie nun einerseits erst der Staat zu demjenigen Faktor wird,
der allein ımstande ist, in umfassender Weise die menschlichen
Machtbefugnisse untereinander bindend zu begrenzen, so
wird doch andrerseits bereits mit dem Entstehen des Staatsge-
bildes eine Begrenzung der Machtsphären zwischen diesem und