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diese Regeln noch auch deren Rechtscharakter dartun. Diese
Art des Zwanges ist nichts weiter als die Anwendung rechtlich
nicht sanktionierter Gewalt zur Erreichung bestimmter Ziele, der
mit Gewalt geführte Kampf einer Macht gegen die andere, der
Allgemeinheit gegen die Staatsgewalt.e. Ob man dies hier Revo-
lution nennt, im Verhältnis von Staat zu Staat aber Krieg, ist
ganz gleichgültig '.
IH.
Wir kommen zur Betrachtung des Völkerrechts, jener Normen,
die den Verkehr der Staaten untereinander beherrschen. Dieser
mußte schon früh entstehen und sich immer weiter entwickeln.
Gemeinsame oder entgegenstehende Interessen, gleichviel in welcher
Beziehung, sind nicht nur imstande, Menschen zusammenzuführen,
sondern auch die Staaten. Diese sind freilich allein Subjekte
des völkerrechtlichen Verkehrs. Aber man darf doch andrerseits
auch den Einfluß nicht zu gering bewerten, den die Untertanen
der verschiedenen Staaten auf die Entstehung und Entwicklung
völkerrechtlicher Grundsätze ausüben. Man braucht nur an die
weitverzweigten Handelsbeziehungen, an den Aufenthalt einzelner
Personen in fremden Staaten usw. zu erinnern, um große Gebiete
des Völkerrechts herauszuheben, die ihre Entstehung den Be-
ziehungen zwischen Menschen verschiedener Staaten verdanken.
Die Staatsgewalt des einzelnen Staats findet freilich grundsätzlich
an seinen territorialen Grenzen ihr Ende, nicht aber der Verkehr
der Menschen und der Staaten untereinander, nicht auch ferner
die hieraus entspringenden Konsequenzen.
Als Quellen des Völkerrechts pflegt man das Gewohnheits-
recht und den Staatsvertrag zu bezeichnen, als Grundlage beider
die gemeinsame Rechtsüberzeugung aller Kulturstaaten. Hierin
1 LirschüTz „Der öffentl. Frieden in beiderlei Gestalt“ in der Zeitschr.
f. d. ges. Strafrechtswiss. 1915 Bd. 36 S. 356 ff.
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