Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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im Kriege die eine oder andere der kriegführenden Mächte die 
früheren Vereinbarungen oder anerkannten Gewohnheiten nicht 
achtet? Doch nur, wird die Antwort lauten müssen, weil das 
Gefühl der Gebundenheit an jene Sätze in allen zivilisierten 
Staaten so groß ist — obwohl keine Macht über ihnen steht 
und kein Zwang sie hierzu treibt —, daß man ihre Durchbrechung 
für ein Unrecht hält, weil man also das Festhalten an jenen 
Sätzen für notwendig erkannt hat und für nichts weiter als 
Recht hält! 
Vielleicht wird man einwenden: ein schwaches Recht, das 
allein von der Anerkennung der Beteiligten lebt! Indessen — 
der Vorwurf, den man nicht einmal dem Völkerrecht alleın 
machen: sollte, ist ganz und gar unberechtigt: befreit man sich 
nur für einen Augenblick von den Banden staatsrechtlicher Kon- 
struktion, die an ihrem Platz vollauf begründet ist, für die rechts- 
philosophische Betrachtung aber nur das Bild verschleiern könnte, 
so zeigt sich deutlich genug, daß alles Recht, auch das nationale 
— das private wie das öffentliche — keine andere Grundlage für 
seine bindende Kraft hat als die Anerkennung seiner Notwendig- 
keit durch die überwiegende Zahl der Beteiligten. Sie allein ist 
die Ursache für die Entstehung allen Rechts, sie bleibt auch die 
Grundlage hierfür! Dies suchten wir in unseren Betrachtungen 
darzulegen und wir glauben hinzufügen zu dürfen: ein festeres 
Fundament wird es niemals geben! 
B. Der Zwang im Völkerrecht. 
Eine dogmatische Studie. 
Der einzige Zwang, den das Völkerrecht kennt, ist der der 
Selbsthilfe, und zwar einer Selbsthilfe, die nicht einmal wie jene 
des nationalen Rechts auf fester Rechtsgrundlage beruht, sondern 
lediglich als tatsächlicher Zwang ohne jede Rechtssanktion geübt 
wird. Auch der Umstand, daß man über eine bestimmte Art
	        
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