— 157 —
gen, daß neben dem verwendeten stärksten Zwangsmittel, dem
Kriege, nieht nur genügend Raum für die Anwendung der an-
deren Selbsthilfearten besteht, sondern sogar eine gewisse N ot-
wendigkeit. Der gegenwärtige Weltkrieg gibt selbst hierfür
die besten Beispiele:
1. Wie hätte das Deutsche Reich die Internierung seiner in
England befindlichen Staatsangehörigen beantworten sollen ? Diese
Handlungsweise Englands hatte an sich nichts damit zu tun, daß
zwischen diesen beiden Staaten der Kriegszustand herrschte. Mag
er auch wohl der äußere Anlaß für das englische Vorgehen
gewesen sein, so stellte diese Maßnahme doch keineswegs ein
Kriegsmittel zur Erreichung irgend eines Kriegszweckes auf eng-
lischer Seite dar. Im übrigen war der bestehende Kriegszustand
auch nicht einmal dienotwendige Ursache für die englischer-
seits ergriffene Maßregel; sie hätte ebensogut in Friedenszeiten
erfolgen und selbst dann keinesfalls als Rechtsverletzung gelten
können: kein Staat hat die Pflicht, fremde Staatsangehörige bei
sich aufzunehmen oder zu dulden. Braucht er dies aber nicht,
kann er die Fremden vielmehr möglicherweise ausweisen, so wird
man ihm erst recht zubilligen müssen, jenen Personen gegenüber
weniger schwere Maßnahmen zur Anwendung zu bringen, also
etwa sie einer Paß- oder Meldepflicht oder gar Aufentbaltsbe-
schränkungen zu untwerfen, oder endlich sie auch zeitweise ge-
sondert zu halten. Freilieh wird dies im Frieden aus Zweck-
mäßigkeitserwägungen nicht geschehen. Es wäre aber auch dann
ebenso wie im Kriege lediglich eine Interessenverletzung. In
jedem Fall besteht die einzig denkbare Antwort in der Ergreifung
derselben Maßregel seitens des verletzten Staats. Was hätte das
Deutsche Reich sonst tun sollen? Es mußte Retorsion üben!
Mit irgend einem spezifisch kriegsreehtlichen Mittel konnte es
doeh nicht wirksam oder auch nur wenigstens mit der Aussicht
auf Wirksamkeit einer Erscheinung begegnen, der es sich neben