Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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(oder gesetzmäßigen Vertrag usw.) gewährte Freiheit von der 
Freiheit des rechtlich Ungeregelten und daher nach jeder Rich- 
tung Irrelevanten. Der Stellvertreter, welcher unter bestimmten 
Voraussetzungen bevollmächtigt, aber nicht verpflichtet ist, die 
Ware seines Mandanten zu veräußern, die Behörde, welche unter 
bestimmten Voraussetzungen ermächtigt, aber nicht verpflichtet 
ist, eine Eisenbahnkonzession zu erteilen, repräsentieren in ganz 
gleicher Weise den Vertretenen, beziehungsweise den Staat, ob 
sie von ihrer Vollmacht einen positiven oder einen negativen Ge- 
brauch machen — solange sie nicht anderweitige Normen, zum 
Beispiel solche des Strafgesetzes, verletzen. Man kann hier ge- 
wıß von einer „Freiheit“ des Stellvertreters oder behördlichen 
Organs bei der Setzung des Rechtsaktes sprechen, und doch ist 
diese Freiheit wesentlich verschieden von der Freiheit, etwa wäh- 
rend der BRechtshandlung eine blaue oder eine rote Krawatte zu 
tragen. Auch in dem Augenblick, in welchem der Minister oder 
sonst nach dem jeweiligen positiven Recht zur Konzessionsertei- 
lung Kompetente die Konzessionsurkunde unterzeichnet, trägt er 
seine blaue oder rote Krawatte doch nur als Privatmann. Erst 
wo anderweitige Normen einsetzen, zum Beispiel solche, die ein 
Amtskleid vorschreiben, hört das rechtlich Irrelevante und damit, 
soweit nicht disjunktive Rechtssätze vorliegen, auch die rechtliche 
„Freiheit“ auf. 
Ich muß es mir aus dem oben angeführten Grunde auch an 
dieser Stelle versagen, das Gesagte systematisch weiter auszu- 
bauen und mich mit einem kurzen Hinweis auf jene Rechtssätze 
begnügen, welche den für das moderne öffentliche Recht wichtig- 
sten Anwendungsfall der disjunktiven Norm bilden. Es sind jene, 
welche einem öffentlichen Organ ein sogenanntes freies Ermessen 
(pouvoir disceretionnaire) einräumen. Grundsätzlich wäre es denk- 
bar, daß den öffentlichen Organen ihre Aufgaben durch lauter 
kategorische Normen vorgezeichnet sind. Dies war wohl schwer- 
lich jemals verwirklicht, die Form des disjunktiven Norm erweist
	        
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