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sichern und verbietet jeden Gebietserwerb der Europäer in Amerika, nicht
bloß den gewaltsamen, und mithin auch den Erwerb auf dem Wege des
Vertrags und durch bloßes Vorrücken der Grenze, sowie schließlich jede
Ausdehnung der politischen Herrschaft, jede dauernde Besetzung und Kon-
trolle in Amerika. Auch die Uebertragung der europäischen Kolonien in
Amerika an eine andere europäische Macht fällt unter das Verbot der
Monroedoktrin: Bei einem Herrschaftswechsel müssen diese Gebiete ent-
weder frei werden oder an die Vereinigten Staaten fallen. Für die Frage,
ob eine Handlung die Monroedoktrin verletzt, wird es bedeutungslos, mit
welchen Mitteln sie ausgeführt wird; es kommt vielmehr lediglich darauf
an, zu welchem Ziele zu führen sie geeignet scheint (S. 216). Die Monroe-
doktrin richtet sich schließlich aber auch nicht bloß gegen die Versuche
unmittelbarer Machtvermehrung, sondern auch schon gegen solche Hand-
lungen, die sich als geeignete Vorbereitungshandlungen für den Erwerb
weiteren politischen Einflusses nichtamerikanischer Mächte in Amerika dar-
stellen (8.216); und das Verbot von Kolonisation trifft auch die Maßnahmen
von Korporationen und einzelnen Untertanen europäischer Staaten. Denn
man sagte sich: „der dünne Schleier einer Korporation berührt die Natur
der Handlung nicht“ (S. 235, 217). Kein nichtamerikanischer
Staatsollin Amerika politische Macht erlangen oder
vermehren; die politische Betätigungsfreiheit der
nichtamerikanischen Staaten wird für Amerika — und
zwarnichtbloß für Nordamerika — einfach vernichtet.
Das ist der Schluß der Monroedoktrin.
Trotz der Hartnäckigkeit, mit der die Union die Monroedoktrin im
politischen Leben zur Geltung bringt, hat der Verf. doch auch einige Zu-
widerhandlungen feststellen können (S. 287 ff.). Die bedeutendste ist der
Clayton-Bulwer-Vertrag von 1850 (S. 289, 183), welcher für den Bau des
Panamakanals freien Wettbewerb zuließ und den letzteren unter die ge-
meinsame Protektion, Kontrolle und Neutralitätsgarantie der Union und
Englands stellte, wobei alle Staaten zum Abschluß ähnlicher Abkommen
eingeladen wurden. Seit 1869 aber arbeitete die amerikanische Politik
daran, aus den Fesseln dieses Vertrags wieder herauszukommen, was ihr
denn auch zu der Zeit, als England von den südafrikanischen Wirren
bedrängt war, gelang. Nach dem Hay-Pauncefote-Vertrag vom 18. November
1901 bestimmt die Union allein, wer den Panamakanal bauen soll; nur sie
übt die Kontrolle und sichert die Neutralität, wie sie auch durch die Frei-
heit, die Kanalzone zu erwerben, der Einmischung anderer Staaten einen
Riegel vorschiebt. „England war vor der amerikanischen Diplomatie zurück-
gewichen‘“ (S. 269). Der siegreiche Abschluß der amerikanischen Kanal-
politik war dann der Hay-Varilla-Vertrag vom 18. November 1903.
Eins aber muß scharf unterstrichen werden: Auf die Selbsthilfe-
handlungen nichtamerikanischer Staaten gegenüber amerikanischen