Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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ihrer Bedeutung oder Schwierigkeit kürzerer oder längerer Abhandlung unter 
Verwertung auch ungedruckter Quellen, namentlich der die Verfassung 
betreffenden Akten des Justizministeriums und des Kultusministeriums, so- 
wie unter sorgfältiger Würdigung des parlamentarischen Materials, der 
wissenschaftlichen Forschung und der Rechtsprechung klar und entschieden 
beantwortet. 
Es ist wohl kaum eine Frage, die auch nur mittelbar in die an 
einen Verfassungsartikel sich anknüpfende Gedankenreihe hineingehört, 
unbeachtet gelassen worden. Insbesondere ist auf die Stellungnahme zu 
aktuellen Streitfragen in erfreulicher Weise Wert gelegt worden, getreu der 
Verheißung des Titelblattes, nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der 
Praxis ein wirklich brauchbares Nachschlagewerk zu liefern. Wenn wir 
aus der gewaltigen Fülle des Stoffes einen kleineren Abschnitt heraus- 
greifen und uns z. B. in die vom Kirchen- und Schulwesen handelnden Aus- 
führungen vertiefen, so können wir feststellen, daß sie geradezu eine voll- 
ständige Darstellung des preußischen Staatskirchenrechts und des Rechtes 
der preußischen Unterrichtsverwaltung bilden. Gerade diese beiden Ab- 
schnitte des Buches möchte ich als seine Glanzpunkte bezeichnen. Aber 
auch die übrigen sog. Grundrechte, über deren Wesen eine besondere Be- 
trachtung vorausgeschickt wird, boten Anlaß zu wertvollen Erörterungen 
über wichtigste Zweige des preußischen Verwaltungsrechts. Auch die äußere 
Form der Darstellung ist dazu angetan, die Lektüre des Buches zu einem 
literarischen Genuß zu machen. Der Stil ist, wie immer bei ANSCHÜTZ, 
lebhaft und anregend; die Polemik ist frisch und entschieden, aber sach- 
lich. Die Darstellung zeichnet sich auch durch Objektivität in politischer 
Beziehung aus. Rein politische Erörterungen mußten selbstverständlich 
ausgeschaltet bleiben. Stellenweise aber war dir Stellungnahme auch zu 
politischen Fragen nicht zu umgehen, soweit nämlich „die Betrachtung der 
gegebenen Rechtslage oder Verwaltungspraxis den Ausspruch eines Wert- 
urteils geradezu herausforderte“. Und wie die ideale Forderung einer po- 
litisch völlig unbeeinflußten Bearbeitung staatsrechtlichen Stoffes in Wirk- 
lichkeit kaum vollauf zu erfüllen ist, jeder Schriftsteller vielmehr bewußt 
oder unbewußt bei der Entscheidung politisch wichtiger staatsrechtlicher 
Fragen sich von seiner politischen Ueberzeugung unwillkürlich wird be- 
einflussen lassen, so ist es auch hier geschehen, nur mit dem Unterschiede, 
daß die meisten Schriftsteller es niemals ausdrücklich zugestehen, während 
ANSCHUTZ es offen und ehrlich gleich in der Vorrede bekennt. Er weist 
darauf hin, daß die politischen Anschauungen, die er der Abgabe von Wert- 
urteilen, wo solche ihm angebracht schienen, zugrunde legt, wesentlich ab- 
weichen von dem stark unterstrichenen Konservatismus der meisten neueren 
Darstellungen des preußischen Staatsrechts, so derjenigen von ARNDT, 
BORNHAK, HUBRIOH, vV. RORNNE-ZORN. Es verdient jedoch hervorgehoben 
zu werden, daß die Wissenschaftlichkeit des Buches durch die liberale
	        
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