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Gesamtheit fördernde Staatsverwaltung zu unterstützen. Man würde sonst
die zahlreichen Vorschriften der Polizei zum Schutze des Eigentums und
der persönlichen Sicherheit dem Verwaltungsrecht entziehen.) Es ist ferner
ein Teil des Justizrechtes, insoweit als es den Inhalt der Feststellungs-
und der Vollstreckungstätigkeit der Behörden bestimmt. Gleichwohl läßt
sich bei der Bestimmung des Strafrechtes und des Strafrechtsverhältnisses
die Beziehung auf die Strafjustiz und ihre Verurteilungs- und Vollstreckungs-
tätigkeit vermeiden.
Die Wissenschaft vom Strafrecht hat die Aufgabe, festzustellen, unter
welchen Voraussetzungen Strafe einzutreten hat und wie jeweils die Strafe
beschaffen sein muß.
Die systematische Darstellung muß nun zwar zunächst zeigen, was
Verbrechen und Strafe nach der Strafrechtsauffassung des Gesetzgebers
inhaltlich sein sollen; sonst ist weder die richtige Auslegung des Gesetzes
noch die Vermeidung dogmatischer Irrtümer des Gesetzgebers in der
wissenschaftlichen systematischen Darstellung möglich. Dann aber kann
sie sich darauf beschränken, das Verbrechen formell als den Inbegriff der
Voraussetzungen des Strafrechtsverhältnisses zu bestimmen. Dabei bildet
jedenfalls für die Gewinnung des Stoffes der Wissenschaft vom
materiellen positiven Strafrecht die Strafbarkeit den Ausgangspunkt. Sie
auch für die Darstellung zum Ausgangspunkt zu nehmen, dafür spricht,
daß wir nur auf dem Wege über die positive Strafbarkeit feststellen
können, welche Vorgänge Verbrechen sind, während sich mittels der all-
gemeinen Begriffsbestimmungen von Verbrechen und Strafe unmittelbar
aus dem Gesetze entnehmen läßt, welche Maßregeln nach dem positiven
Recht als Strafe anzusehen sind.
Der größte T'eil des ersten Abschnittes beschäftigt sich mit der kon-
struktiven Erfassung der materiellen Strafgesetze. Sein Kern ist:
Mit der Erfüllung des strafgesetzlichen Tatbestandes entsteht eine
Rechtsbeziehung zwischen Verbrecher und Staat, kraft deren der Ver-
brecher die Bestrafung von seiten des Staates mit dem Grade von Wahr-
scheinlichkeit, der der Durchführung von Rechtsvorschriften eigen ist, zu
erwarten hat. Man könnte vielleicht ein subjektives Strafrecht des Staates
damit als entstanden annehmen, und zwar ein subjektives Recht nach der
Auffassung WINDSCHEIDs, d. h. der Willensmacht über das Rechtsver-
hältnis. Zuvor müßte aber das Bedenken beseitigt werden, ob der Staat
überhaupt Inhaber eines subjektiven Rechtes sein kann, wiewohl er als
Quelle aller Rechtsbefehle über diese nach Gutdünken verfügen kann.
Ohne die angeschnittene Frage nach einem solchen subjektiven Strafrecht
des Staates zu lösen, beschränkt sich BAUMGARTEN auf die Anerkennung
eines subjektiven Strafrechtes des Staates im weiteren Sinne. Hierunter
versteht er das Rechtsverhältnis, betrachtet von der Seite des Vorteils-
trägers aus. Er zieht jedoch den unparteiischen Ausdruck „Strafrechts-