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fassungsordnung in Elsaß-Lothringen neben der kaiserlichen Sank-
tion in den Gestalten des Bundesrats und des Landesausschusses
wandelnden Gesetzgebers einigermaßen nahe gekommen bin. Mit
dem Begriffe der „nichtstreitigen Angelegenheit des öffentlichen
Rechtes“ im Sinne jener Vorschrift verhält es sich, worüber
übrigens wohl kein Kundiger im Zweifel sein kann, folgender-
maßen:
Nicht zu denken ist selbstverständlich an den Begriff der
Verwaltungsstreitsache, und es kann nicht etwa der Be-
griff der nichtstreitigen Angelegenheit des öÖffent-
lichen Rechtes aus dem Gegensatze zur Verwaltungs-
streitsache gewonnen werden. Und doch scheint gerade hier,
wenn die Berufung auf Lehre oder Praxis des Verwaltungsrechts,
wie sie sich bei HATSCHEK u. a. findet, überhaupt einen Sinn
haben soll, die seltsame Verwirrung begründet zu sein, mit der
er gegen das Oberlandesgericht ankämpft. Der Begriff der Ver-
waltungsstreitsache wird überhaupt nicht aus der inneren Natur
der Sache gebildet, sondern er ergibt sich aus dem formalen Um-
stand, daß die Sache in der Form der Verwaltungsrechtspflege,
also durch die Verwaltungsgerichte, zu entscheiden ist,
und nicht im einfachen Beschwerdeverfahren durch die Verwal-
tungsbehörden. So ist es wohl allgemein*, und so ist es auch
in Elsaß-Lothringen. Nach dem hier grundsätzlich noch gelten-
den französischen öffentlichen Rechte werden diesem Gegensatz
entsprechend unterschieden: die jurisdietion contentieuse im ge-
ordneten Verfahren der Verwaltungsrechtspflege und die
jurisdietion gracieuse im freieren Verfahren der Verwaltungs b e-
hörden. Dabei ist es allgemein bekannt, daß zu den Sachen,
welche ihren Verlauf vor den Verwaltungsgerichten nehmen, so-
* Zu vgl. z. Be Otto MAYER, Deutsches Verwaltungsrecht 2. Aufl. I
S. 154: „Die Verhältnisse, welche in Form der Verwaltungsrechtspflege
obrigkeitlich zu behandeln sind, nennen wir Verwaltungsstreit-
sachen“.